Gedanken zur Weihnachtszeit 2020
Ein Kontext aus Überlegungen, Wünschen und Ereignissen vor dem Hintergrund des zur Neige gehenden Jahres.
... like a swan ...
Gedanken zur Weihnachtszeit 2021
Ein Kontext aus Überlegungen, Wünschen und Ereignissen vor dem Hintergrund des zur Neige gehenden Jahres.
Gedanken zur Weihnachtszeit 2022
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Überlegungen, Wünsche, Ereignisse
Gedanken zur Weihnachtszeit 2020
Nun ist es wieder einmal soweit: es naht die als Fest der Stille angekündigte weihnachtliche Zeit und ehe wir uns versehen ist sie auch schon da – allerdings ganz entgegen der alljährlich stets vorgetragenen und vorgebeteten Beschwörungen erneut (vielleicht sogar: verstärkt) mit Lärm, Hektik und besonderen Formen der Oberflächlichkeit, im letzteren Fall kennt der Einfallsreichtum der Verführer und auch der jener gewiß nicht immer selbstlosen oder gar altruistisch ausgerichteten Ratgeber und Ratgeberinnen sicherlich keine Grenzen.
Wer jetzt befürchtet, es werden – wie jedes Jahr – die triefenden Töne aus den Mündern ebenso auf Feierlichkeit und Verantwortung für das Ganze gestylter Gesichtern ihre Dunstkreise ziehen, der oder die dürfte mit dieser Besorgnis richtig liegen. Die alljährliche zur Schau getragene Kluft zwischen Theorie und Praxis, zwischen schnellem Verpuffen und erhoffter Nachhaltigkeit, zwischen Besinnlichkeit und Raserei (dies in seiner mehrfachen Bedeutung ...) hat eben wieder einmal Hochkonjunktur.
Ärgerlich? Eigentlich schon. Aber es gibt einen Ausweg: abschalten, nicht hinhören, dem Versuch, das Aufgezwungene zu lesen, widerstehen. Also: mit jenen nicht mitmachen, sie nicht beachten, ihnen kein Publikum sein! Und noch einen anderen, will man die ausgetrampelten Konsum- und Kulturpfade meiden: sich antizyklisch verhalten und jene Orte suchen, wo noch die – von jenen Täuschern so auf verlogene Weise vielgepriesene und vorgetäuschte – Ruhe tatsächlich vorherrscht, wo es Stille gibt, wo Langsamkeit, Beschaulichkeit und Besinnlichkeit noch eine Heimat haben.
Lassen wir – die wir uns nach mehr Qualität sehnen, nach mehr Innerlichkeit, nach wirklicher Entspannung, nach Aufrichtigkeit, ja: auch nach Veränderung, nach Abkehr von einem nicht mehr zu übersehenden schädigenden Rhythmus –, lassen wir uns also nicht verwalten, steuern und einreden, was für uns gut ist, was »man« zu solch festlichen Ereignissen wie Weihnacht und Jahreswechsel zu tun und zu denken und als »festlich« zu empfinden hat.
Sie werden – das ist so sicher wie das Amen in den Kirchen – weiter sinnlos und Millionen Werte vernichtende Böllereien betreiben, sie werden weiter sich die besten Vorsätze vornehmen (wenn überhaupt), davon in aller Regel dann doch nichts umsetzen (denn das hieße ja unter anderem Anstrengung, Eigenverantwortung und Mündigkeit!). Die blind-tollkühne Karawane aus Wirklichkeitsverächtern wird – das kennt man ja (sofern man es erkennen will) – in gewohntem Trott und internalisierter Rigidität, auch im Schmieden und klettenhaftem Beibehalten eigentlich überholter Allianzen, ungestört ins neue Jahr watscheln. Das Sich-Messen in all jenen Torheiten, welche mangels gefühlter natürlicher Verpflichtung und Aufgaben, der Überbrückung der Zeitspanne zwischen Alpha und Omega dienen, wird wie gehabt in steter Regelmäßigkeit weiter wuchern. Kurz: die Ekelhaftigkeit und das eifrige »pretending« wird fortgeschrieben. Schlimm? Ja. Sicherlich. Aber auch hier gilt: man muß da nicht mitmachen, man kann Oasen finden, es gibt echte, wertvolle Nähe, es gibt sie immer noch, die Verläßlichkeit ohne hintersinnige Gedanken an Ausbeutung und Utilitarismus. Es gibt sie noch, jene Schleichwege, jenes Gelände, auf dem man seine Slalomstangen selbst gesteckt hat, es auch konnte. Es bedarf lediglich (!) der Kraft, einzusehen, daß man nicht überall dabei sein muß, daß man nicht überall in üblen Chorgesang einstimmen muß, daß man auf gar keinen Fall sich andauernd für sein Andersverhalten rechtfertigen muß. Wie hat es im Film »Der Club der toten Dichter« aus dem wirklich gescheiten Munde eines Protagonisten geheißen? So: »Ich mache von meinem Recht auf Nichtteilnahme Gebrauch!« Gut so! Und vor allem sehr oft auch unbedingt: notwendig!
In diesem Sinn sollte man all jenen, die ihre individuellen Wege gehen [natürlich ohne dabei anderen zu schaden!*)] ein schönes Weihnachten und ein gesundes, ja auch: qualitativ erfolgreiches Jahr wünschen, sich dabei sorgsam jenen Kreis aussuchen, mit dem man frei und aufrichtig und geborgen diese Zeiten der Besinnung, jene »Schlüsseltage« verbringen kann. Und gibt es diesen Kreis für einen (bedauerlicherweise) nicht, dann mag gelten: die tumbe Masse, jene Sammelsurien an Oberflächlichkeit und – leider auch recht häufig zugleich – an Dummheit, eine Umgebung, die man nur aufsucht, um nicht alleine irgendwo herumsitzen zu müssen, in der man sich dann mangels dort vorherrschender besserer Alternativen an blödsinniger und lauter Geschwätzigkeit beteiligt, löst das Problem gewiß nicht ...
“In a world of fugitives, the person taking the opposite direction will appear to run away.”
T.S. Eliot, The Family Reunion
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Man kann sie sicherlich immer noch finden, wenngleich auch nicht allzu häufig (es bedarf schon einer gründlichen Suche, diese allerdings sicherlich mit leichterem Erfolg möglich als die nach der sprichwörtlichen Stecknadel im Heuhaufen!), nämlich jene Orte und Personen, denen ein Seilschaftendogmatismus fern liegt, wo man politische Korrektheit ebenso vermeidet wie dumpfbackige Humoresken, wo ein Interesse an Tiefe und ein Vermeiden von Oberflächlichkeit gepflegt wird, kurz: wo man sich geborgen und frei zugleich sowie in einem positiven Sinn gefordert fühlen kann.
Ich jedenfalls kann all jene sehr gut verstehen, vor allem auch ihr konsequentes Verhalten nachempfinden, wenn sie gebetsmühlenhafte Vorträge (vor allem von Politikern und Leuten der Kanzeln, aber auch von geduldsamen Mitläufern, von Corona-Leugnern, von Verschwörungstheoretikern, von Medienmachern mit ihren häufigen belehrenden bis hin zu pädagogisierenden, penetranten Einflußversuchen, und, und, und ...) ablehnen, meiden, vermeiden und deren Mundstuhl aus dem Wege zu gehen versuchen. Wer das konsequent kann: Chapeau! Wer es auch nur immer wieder versucht: ebenfalls Chapeau! Und wer es gerne möchte, aber – auch welchen Gründen (fast) auch immer – nicht schafft: dann nur mehr psychologisch erklärbares Verstehen, jedoch kein »Chapeau« ...
Es gibt sie nämlich schon noch, jene Oasen der Ruhe, der Stille, der Beschaulichkeit, des Einander-wirklich-Verstehens, der ehrlichen Auseinandersetzung(en), der Suche nach Wahrheit und wirklicher Sinnhaftigkeit. Wenn der Schweizer Aphoristiker Ernst Reinhardt sagt »Die Suche nach Sinn ist schwierig in einer Welt der Zweckmäßigkeiten.«, dann dürfte er sicherlich ein echtes Problem angesprochen und vor allem richtig erfaßt haben.
Aber dieser Satz beinhaltet nach meinem Dafürhalten in erster Linie (diese Interpretation hängt natürlich ab von der hier zugrundeliegende Haltung: empfindet man ein Glas eher als halbvoll oder halbleer ...; hier habe ich mich mal – ist auch bei mir nicht immer die Regel! – für das »halbvoll« entschieden) einen Trost und eine Aufgabe zugleich, nämlich daß die Suche ja schwierig sein mag, jedoch nicht sinnlos! Also »einfach« diesen schwierigen Weg gehen, sich aufmachen! Eben: nicht gleich immer resignieren, dies möglichst bis zum Ende aller Tage (diese ergänzende Einlassung vor allem auch deshalb, damit auch an dieser Stelle die weihnachtlich gebotene Transzendenz nicht zu kurz kommt ...).
Ein Wunschbündel, das man sich zumindest in großen Anteilen selbst erfüllen kann ... Vielleicht mag da ja diese Aussage T.S.Eliots eine hilfreiche Leitlinie sein: "Whatever you think, be sure it is what you think; whatever you want, be sure that is what you want; whatever you feel, be sure that is what you feel."
*) Es gibt natürlich Leute, die bereits es nicht ertragen können, daß jemand sich von ihnen fernhält, sich nicht an ihren (fast dann ausnahmslos egoistisch gesteuerten!) Präferenzen beteiligt, die gerne Staffage um sich benötigen (um sich wichtig und nicht einsam fühlen zu können!), die sich gerne hofieren lassen, kurz: die bestimmen, wo es ihrer Meinung und ihrem Gefühl nach »langzugehen« hat, die dann jenen von ihnen so gesehenen »Abweichler« von mangelnder Teamfähigkeit bis hin zu unsozialem Verhalten vorwerfen, zu »schaden« ... Diese Attitüde gilt es natürlich nicht zu unterstützen, also keine Formen von Co-Abhängigkeiten und / oder von Erpressungsversuchen bzw. Nötigungen unterstützen! Sich also: kein »schlechtes Gewissen« machen lassen von jener Spezies ...
“For last year's words belong to last year's language
And next year's words await another voice.
And to make an end is to make a beginning.”
T. S. Eliot (from: Little Gidding)
Vorweihnachtszeit 1:
alle obigen Natur- und Schwanen-Bilder vom 15.11.2020
Vorweihnachtszeit 2:
Der Engel verbirgt sein Gesicht, St. Nikolaus scheint sich in und mit sattem Grün zu tarnen, die Schatten werden länger und wenn schon nicht das Meer geteilt werden kann, dann doch wenigstens die Schilfwüste.
Weihnachtszeit 2020, das Jahr geht zur Neige, ein neues wird beginnen ...
Gedanken zum Jahresende in Gedichtform:
Geruhsam
Ungestört die Atemzüge fliehen
Langsam wandernd' Kreise ziehen
Vielecke ans Firmament gemalt
Unordnung in allen Traumpfaden
Ungeahnte Mystik im Naturgespiele
Zeichen widerleuchtend am Zenit
Das Spiegelgesicht im Schloßgarten
Schwanenstolz als weisend Zepter
Weißes Gefieder im hellen Glanz
Sonnenlicht durchbricht Nebelhaftes
Im Regenschatten wohl versteckt
Den Forderungen aus Regeln fliehend
Wiederholungen in Unordnung geraten
Klang dumpfer Schläge rostender Uhren
Schwindend längst die Regenbogenfarben
All das sich in ein nahes Nichts bettend
(Fagusarua 22.11.2020)
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Unweihnachtliche Weihnachtlichkeit
Endlich wieder da – die Zeit all der guten Worte:
der Schalmeienklang aus all den hehren Kehlen
sülzend, wabernd, schmeichelnd, drehorgelhaft.
Da sind sie wieder – die Blicke die täuschen als
könnten sie kein Wässerchen trüben, die Macht
gespielter Aufrichtigkeit in Daunenfederidyllen.
Endlich wieder da – das Rennen und Hetzen um
Wohlwollen, Wohlgefälligkeit und Herzenssüße:
Der Jahrmarkt der Verlogenheit hat Konjunktur,
Die Spielwiese der Exzesse nun in neuer Pracht
aus Künstlichkeit, Überbietungen und Zusagen.
Welch Übungsmatratze für verlogene Federung!
Endlich wieder da – das Versprechen und Spiel
verbogener Herzensmelodie, die Umrahmung
von eigentlicher Distanz in Monstranzgebilden:
Kunst, das was ist, zu maskieren. Täuschungsakte
in Reinkultur, Tannenzweigsprache und silberne
Lamettagrammatik: baumhaftes trauriges Verbergen
Wir feiern wieder einmal – eigentlich ganzjährig:
Weihnachtliche Betriebsamkeit und Herzensleere.
Verdrängen und Schwören und Beteuern – doch
Wind winterlicher Kälte zieht durch Herzen und
beugt das Gemüt. Vielfach unbemerkt, sind sie
längst schon Begleiter: Selbsttäuschungsorgien.
(Fagusarua 22.11.2020)
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Adventskranz
Licht für Licht in Stille genießen
Der Geist in Besinnlichkeit ruht
Auszeit von alltäglicher Hektik
Rinnende Zeit bewußt spürend
Gedanken statt großem Reden
Gefühl im Kerzenflackern spiegeln
Das Umfeld aufgeräumt und sauber
Adventliche Stimmung schaffen
Keine fremden Geräusche
Eigener Atem als Melodie
Leises Knistern im Kerzenschein
Störungen der Sinne ausschalten
Schlichtheit geschaffen
Alltag beiseite geräumt
Langsamkeit und Ruhe
Die beschauliche Stille
Kerzen anzünden und in
Flammen blicken
(Fagusarua 01.12.2020)
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Im neuen Jahre Glück und Heil, Auf Weh und Wunden gute Salbe!
Auf groben Klotz ein grober Keil! Auf einen Schelmen anderthalbe!
Johann Wolfgang von Goethe
Diese Fische können weder mit noch gegen den Strom schwimmen; Geldgier hat ihnen das Wasser abgegraben, sie mußten elendiglich sterben, verenden ... Eine Schande!
Den und das kennen bestimmt nicht wenige:
Der Mann zu seiner Frau: "Du Schatz, ich möchte heute noch mal weg. Ich gehe zum Angeln!" "Ich weiß", antwortet die Ehefrau, "die Forelle hat bereits dreimal angerufen."
Ich weiß nicht weshalb, aber es ist nun mal so: beim Abschied am 18. November 2020 von Mariental fiel mir beim Blick in die stahlblauen Augen des Einsiedlers eines meiner Gedichte ein, es wurde im Januar 2007 geschrieben, war auch Gegenstand einer Abiturprüfung 2016. (vgl. u. die Anfrage per Mail, der ich stattgegeben habe)
Eine Mail vom 15.02.2016: (Anfrage mein Gedicht "Vorwärts?" betreffend.)
Sehr geehrter Herr Buchenau,
auf der Suche nach passenden Texten für die Vorbereitungsklausur zum diesjährigen Abitur-Rahmenthema bin ich auf Ihre Seite und den Text "Vorwärts?" gestoßen. Meine beiden Kolleginnen und ich würden diesen Text den Schülern gern als ein Wahlthema anbieten. Wenn Sie damit einverstanden wären, wäre es für uns auch ganz interessant, eventuell etwas zur Entstehung dieses Texte zu erfahren. Über eine Anwort Ihrerseits würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Ute Köppe
Gymnasium Gerstungen (Thüringen)
Vorwärts?
Auf gepackten Koffern sitzen –
Schon seit Jahren.
Endlich irgendwann voran,
Weg, alte Hüllen abwerfen.
Wohin?
Immer noch Klärungsbedarf.
Warum?
Gründe sind und sind auch nicht.
Wie weit?
Entfernungen als Fingerzeig?
Sie halten fest – hier, sanfte
Ketten des Doch-Bleibens.
Alles ist immer auch:
Aushaltbar,
Gewohnt,
Im Reinen.
Zumindest irgendwie.
Aber: Jahre vergehen,
Kein Stillstand der Zeit.
Vorbildswirkung?
Den Fluß hinunter schwimmen,
Die Berggipfel erklimmen,
Ferne Länder heimsuchen,
Die eigenen Wünsche jagen.
Nackte Haut kühlen,
Herzen pochen lassen,
Windmelodien summen,
Unwiederholbarkeiten!
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Gepackte Koffer
Auspacken,
Einpacken.
Wieder auspacken.
Wieder einpacken.
Briefe schreiben,
Als Flaschenpost verschicken:
Hinein ins offene Meer.
Zum Hörer greifen.
Alte Wege schreiten.
Zuhause die Koffer:
Als Zeichen der Zeit.
Das Ticken der Wanduhr,
Stetig und unaufhörlich.
War da noch etwas?
16. Januar 2007
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"Das Gefühl, etwas verpaßt zu haben, ist die Konsequenz aus der Pluralität der Möglichkeiten."
(aus: Eine harte Tour)
Lied im Advent
(Hermann Claudius)
Immer ein Lichtlein mehr
im Kranz, den wir gewunden,
dass er leuchte uns so sehr
durch die dunklen Stunden.
Zwei und drei und dann vier!
Rund um den Kranz welch ein Schimmer,
und so leuchten auch wir,
und so leuchtet das Zimmer.
Und so leuchtet die Welt
langsam der Weihnacht entgegen.
Und der in Händen sie hält,
weiß um den Segen!
(Anm.: Hermann Claudius ist ein Urenkel von Matthias Claudius)
Advent
Es treibt der Wind im Winterwalde
Die Flockenherde wie ein Hirt.
Und manche Tanne ahnt wie balde
Sie fromm und lichterheilig wird;
Und lauscht hinaus.
Den weißen Wegen streckt sie die Zweige hin - bereit
Und wehrt dem Wind und wächst entgegen
Der einen Nacht der Herrlichkeit.
(Rainer Maria Rilke)
Adventskranz
Licht für Licht in Stille genießen
Der Geist in Besinnlichkeit ruht
Auszeit von alltäglicher Hektik
Rinnende Zeit bewußt spürend
Gedanken statt großem Reden
Gefühl im Kerzenflackern spiegeln
Das Umfeld aufgeräumt und sauber
Adventliche Stimmung schaffen
Keine fremden Geräusche
Eigener Atem als Melodie
Leises Knistern im Kerzenschein
Störungen der Sinne ausschalten
Schlichtheit geschaffen
Alltag beiseite geräumt
Langsamkeit und Ruhe
Die beschauliche Stille
Kerzen anzünden und in
Flammen blicken
(Fagusarua 01.12.2020)
Corona-Christmas (X-mas song 2020)
It's somewhat a pandemic Christmas once again
Lots of things perhaps are fencing you in
The humdrum and hustling everywhere even grows
Some folks know way of a hell how that goes
But this year, yeah, it is really worse
We all are threatend by Corona's tragic curse
This deadly threatening is all around
This special thinking seems just we're heaven bound
Es wäre Weihnachtszeit sich zu besinnen
Endlich wieder Hast und Hetze zu entrinnen
Muse für sich endlich einmal wiedergewinnen
Am kristallklaren See eine ruhige Zeit verbringen
In Stille durch die ruhigen Wälder gehen
In klarer Nacht deutlich all die Sterne sehen
Verständnis und schöne Gespräche suchen
Und nicht nur ein Schicksal stets verfluchen
Year by year we let it go by seemingly almost fine
Feel your passing through once again it's Christmas time
Busy being shopping and running to and fro
Father Christmas shouting his stupid Ho Ho Ho
While we keep on thinking we're really the best
So many keep on ignoring the poorer world's rest
While we play a game of being heavenly satisfied
Hunger and disaster are other humans' constant plight
Es wäre einmal Zeit sich wieder mehr zu besinnen
Mit wirklichem Weihnachtsdenken zu beginnen
Sich von all den Äußerlichkeiten besser trennen
Und das was wirklich zählt endlich zu erkennen
Wieder mehr den Taktschlag des Herzens hören
Spüren wie sinnlos all jenes Kanzel-Betören
Die wahrhafte Botschaft sei endlich entfacht
Damit ein Gefühl es ist endlich einmal Weihnacht
Ein ganzes Jahr voll mit einem »es weihnachtet sehr« ...
Ein ganzes Jahr voll mit einem »es weihnachtet sehr« ...
Ein ganzes Jahr voll mit einem »es weihnachtet sehr« ...
Ein ganzes Jahr voll mit einem »es weihnachtet sehr« ...
(FagusArua 23.12.2020)
Impressionen:
"Ist es möglich, daß man trotz Erfindungen und Fortschritten, trotz Kultur, Religion und Weltweisheit an der Oberfläche des Lebens geblieben ist? Ist es möglich, daß man sogar diese Oberfläche, die doch immerhin etwas gewesen wäre, mit einem unglaublich langweiligen Stoff überzogen hat, so daß sie aussieht wie die Salonmöbel in den Sommerferien?"
Rainer Maria Rilke
"Sterne hoch die Kreise schlingen,
aus des Schnees Einsamkeit
steigst's wie wunderbares Singen -
O du gnadenreiche Zeit."
Joseph von Eichendorff
Als ich diesen Gedanken Joseph von Eichendorffs vor vielen Jahren erstmals begegnet bin, stellte sich zugleich auch eine Erinnerung an meine Kindheit ein: ich habe die damaligen Weihnachten durchaus als gnadenreiche, vor allem als ruhige, nicht von Hektik geprägte Zeit in Erinnerung. Langsamkeit spielte eine große Rolle, Vorfreude hatte ihren angemessenen Platz, denn es gab noch nicht die bereits im Herbst beginnenden Verwässerung der Weihnachtszeit, jenes dumpfe Vorwegnehmen von typischen Festritualen, derer sich vor allem Handel und Werbung befleißigen. Jenes Funktionalisieren von Weihnachten für Konsumwahn! Und es gab bereits in der vorweihnachtlichen Zeit: Schnee. Viel Schnee. Wir stapften bei hereinbrechender Dunkelheit durch den Schnee und genossen die meist sehr dezenten, auf echte Feierlichkeit gerichteten Lichter, zündeten ab und zu ein paar Sternwerfer, Wunderkerzen, waren aber vor allem eingestimmt auf Vorfreude und die bald kommende Festlichkeiten.
Undenkbar, daß es beispielsweise schon Plätzchen und andere ähnliche mit Weihnachten verbundene Leckereien gegeben hätte! Man hatte zu warten. !Und wir warteten gerne, wir wußten, es muß so sein und es war schön so. Die Wünsche nach Geschenken hielten sich in gebotenen Grenzen. Auch die Erwachsenen hielten sich an den Takt eines Jahresrhythmus von zeitlich genau umrissenen Festtagen und ihrer Dauer. Wir lebten Bedürfnisaufschub und hatten zumindest eine ausreichende Ausprägung an Frustrationstoleranz. Wenn ich dies jetzt so schreibe, handelt es sich beileibe nicht um Verklärung der Vergangenheit, um den Versuch, etwas zu beschönigen, was eigentlich nicht beschönigt werden sollte. Nein, es war wirklich noch etwas anders als es seit längerer Zeit nun geworden ist. Es war mehr Bescheidenheit, mehr ein Eintauchen in wirkliche Feierlichkeit. Die Bedeutsamkeit des Weihnachtsgedankens war gegenwärtiger, brauchte keinen Ersatz. Dies galt auch für die meisten jener, für die biblische Geschichten lediglich mehr oder weniger schöne beziehungsweise gute Erzählungen waren, ja, auch für diejenigen, die mit dem Glauben an Gott nichts anzufangen wußten. Tatsache war, daß die weihnachtliche Stimmung als solche auf fast alle einen ganz besonderen Einfluß ausübte, daß das Sich-Besinnen, das Innehalten, das Sich-um-Freude-Bemühen, ja auch das Nach- und Überdenken über das Leben an sich einen gebührenden und wohl auch notwendigen Raum erhielten. Gewiß, es gab auch schlimme Armut, Menschen, denen Weihnachten besonders die eigene Wirklichkeit vor Augen hielt. Aber auch jene feierten, dies dann wohl in einer etwas anderen Stille und Umgebung sowie Gestaltung ihr Weihnachten. Nikolaus Lenaus Vers drückt das alles recht gefühlvoll und zwar auch etwas kryptisch aus, was damals noch vielfach galt, heute jedoch eher in weite Ferne gerückt sein dürfte :
"O Weihnacht! Weihnacht! höchste Feier!
Wir fassen ihre Wonne nicht,
Sie hüllt in ihre heil'gen Schleier
Das seligste Geheimnis dicht."
Nikolaus Lenau
(Oder hat Lenau mit der zweiten Zeile bereits gar antizipatorisches Talent gezeigt? Was fassen wir noch, und -- was bleibt einfach nur verhüllt, dicht und so weiter ...)
Heute, genauer: schon seit vielen, vielen Jahren hat sich das spürbar verändert, die Zeiten sind andere geworden. Die Zeit erfährt andere Taktungen, viel zu viele an künstlich aufgezwungenen. Es geht doch gerade heute vielmehr darum, aus allem möglichst großen Profit (sowohl in materieller als auch in personaler Hinsicht!) zu erzielen. Und genau zu diesem Zwecke werden Zeiten gedehnt, wird falsche Sentimentalität geschürt, wird das Spiel des "pretending" gespielt und man tut dann einfach so als sei es damit schon auch (die von der Idee vorgegebene) Wirklichkeit. So hat man im Frühherbst die Badehose kaum ausgezogen, bereitet sich innerhlich so langsam auf den Herbst vor, wuchert beispielsweise in den Geschäften schon das Weihnachtsgebäck und all die anderen sogenannten Lockungen, die man mehr oder weniger verborgen als "weihnachtliches Freudenerleben" andient, einem aufdrängt (und wie folgsam läßt man sich dann auch so viel immer wieder aufdrängen) ... Marketing als eine Art heilige Weihnachtskuh streckt eben die Fühler, die Tentakeln aus.
Vielfach dominiert doch mittlerweile längst das, was der amerikanische Journalist und Satiriker Ambrose Gwinnett Bierce bereits 1906 in seinem "The Cynic's Word Book" über Weihnachten geschrieben hatte: "Weihnachten: ein besonderer Tag der Völlerei, Trunksucht, Gefühlsduselei, Annahme von Geschenken, öffentlichem Stumpfsinn und häuslichem Protzen gewidmet."
Ist also meine oben aufgeschriebene Reminiszenz somit falsch? Eine Selbsttäuschung? War es nicht schon immer so? Doch nur eine Verklärung dessen was war und Täuschung über die Wirklichkeit meinerseits? Nein, ist es nicht.
Ich weiß noch genau, wie es damals (stellenweise auch) war, habe auch nicht vergessen, daß es damals schon all das, was Bierce anprangerte, gegeben hat und zudem noch Exzesse, die darüber hinausgingen: eben Völlerei, Trunksucht, Gefühlsduselei, Annahme von Geschenken, öffentlichen Stumpfsinn und häusliches und öffentliches Protzen bis hin zu Streit als Krone vermeintlichen Gemeinsinns. Sicherlich auch: Aggressionen und Wetteifereien. Ganz gewiß auch: Täuschung und Selbsttäuschung. Sicherlich auch dies: Pharisäerhaftigkeit durch Inanspruchnahme oder gar In-Besitznahme von Religion, Religiosität und gewachsener Kultur. Man muß sicherlich durchaus jenen Aspekt in diesen Zusammenhängen nennen: Formen von Ausbeutung. Ja, all das gab es damals auch schon. Aber nicht in diesem schier unerträglichen Ausmaß wie es heute der Fall ist. Was damals eher die (sicherlich irgendwie auch gemeine und hinterfotzige) Ausnahme ist, gerät heutzutage zur Regel. Insofern ist eben was Weihnachten und sein Erleben angeht da sehr wohl ein großer Unterschied zwischen dem Heute und dem Damals.
Aber es waren alles eher kleinere Kreise, schon gar nicht die Mehrheit, für die Weihnachten ein Kompensationstempel, ein Schaulaufen, "Action", Gewissensberuhigung, ein Ausbeutungs- und Bereicherungsinstrumtarium, ja auch ein Machtfaktor oder ähnliche weihnachtsabstinente, den eigentlichen Sinn verfremdende Verhaltensweisen war. Verschoben hat sich längst jedoch die Quantität: diejenigen, welche Weihnachten noch in seiner Botschaft leben wollen und können, dürften längst eine Minderheit sein!
Und damit ist auch die Qualität dessen, was man weihnachtliches oder sonstiges "Feiern" nennt, was ich gerne als "Schlüsseltage" dem Ablauf der Zeit zuordne, eine andere geworden, die Vergleichsmaßstäbe haben sich also erheblich verschoben, verändert, dies jedoch nicht zum Besseren. Weihnachten wurde auch zunehmend die Einzigartigkeit genommen; man hat es zu einem speziellen Konsumzeitraum ausgedehnt ... Das "Fun-Denken" hat längst obsiegt, sich dem Gehaltvollen entzogen, der Oberflächlichkeit und nicht selten zudem abgrundtiefer Dummheit untergeordnet.
Weihnachten dürfte für die Allermeisten längst überwiegend oder ausschließlich nur mehr Hektik, Stress (kein Eustress jedoch!), Hast, Überbietungsanstrengungen, Lautheit, Wichtigtuerei, vor allem aber Konsumterror in dessen verschiedensten Schattierungen sein.
Feinsinnige, vielleicht gar "seismographisch" begabte Leute, haben diesen Niedergang, dies wohl mit dem ähnlichen Blick und Fühlen von Bierce schon in früherer Zeit (also vor meiner oben aufgeführten und als entsprechend positiv erlebten Erinnerungsepoche), angesprochen, so beispielsweise der Nobelpreisträger Hermann Hesse in einer kleinen Abhandlung aus dem Jahre 1927:
»Weihnachten ist ein Inbegriff, ein Giftmagazin aller bürgerlichen Sentimentalitäten und Verlogenheiten, Anlaß wilder Orgien für Industrie und Handel, großer Glanzartikel der Warenhäuser, riecht nach lackiertem Blech, nach Tannennadeln und Grammophon, nach übermüdeten, heimlich fluchenden Austrägern und Postboten, nach verlegener Feierlichkeit in Bürgerzimmern unterm aufgeputzten Baum, nach Zeitungsextrabeilagen und Annoncenbetrieb, kurz – nach tausend Dingen, die mir alle bitter verhaßt und zuwider sind und die mir alle viel gleichgültiger und lächerlicher vorkämen, wenn sie nicht den Namen des Heilandes und die Erinnerung unserer zartesten Jahre so furchtbar mißbrauchten.« (Hermann Hesse über Weihnachten, 1927; aus: Mein Glaube, Bibliothek Suhrkamp 1971, S. 95)
Wir können es immer wieder -- dies auf allen Ebenen und in allen Bereichen -- sehen: irgendwie scheint alles nicht so gänzlich neu zu sein ... Gleichwohl ist es sinnlos, hier zu jammern, zu klagen, zu schimpfen, zu bevormunden, denn diese Entwicklung ändern zu können, ist nicht absehbar; was man aber für sich selbst tun kann: sich jenem Tross weitgehend entziehen, das Laute und die Masse zu meiden, vor allem den penetranten Versuchungen aus Fremdbestimmung zu widerstehen (vgl. hierzu Epikurs "Schlimm ist der Zwang, doch es gibt keinen Zwang, unter Zwang zu leben.") und für sich und seine nahe Umgebung ernsthaft bemühen, auch dem Weihnachtsfest einen wirklich tieferen und damit angemessenen Sinn zu geben, ihm den immanent tiefen Sinn vor allem zu belassen, eben daran stetig zu arbeiten und entsprechend zu wirken. Dann ist es auch nicht mehr weit zum: bewirken ... Und der Weihnachtsgedanke rückt wieder -- ein wenig näher.
Was der Umgang mit "Weihnachten" jedoch ganz exemplarisch zusätzlich verdeutlicht: Wir sind von dem Ziel eines qualitativen Wachstums weit, weit entfernt, wir bewegen und vielmehr weiter weg von einem solchen Ideal. Solange Oberflächlichkeit, Rücksichtslosigkeit gegenüber der und Ausbeutung von Natur, Konsumgeschrei, vielfache Inhaltsleere, Umsatzrückganggejammere, einseitiges Klagen über "Werteverluste" (d.h. der Status quo soll einfach rücksichtslos fortgeschrieben werden), Beziehungsgeschachere, sowie andere eigentlich lebensfeindliche Interessen so heftig propagiert und rücksichtslos durchgesetzt werden -- sozusagen als "heilige Kuh", die nicht geschlachtet werden darf --, ihre elementare Wirkung entfalten, solange eben keine Rückbesinnung auf und Einsicht in qualitative Werte erfolgt als auch als Prämisse von politischem, wirtschaftlichem und gesellschaftlichem Handeln Geltung erhalten, solange sind all die Sonntagsreden auf "Verbesserung der Verhältnisse", auch die "weihnachtlichen" mit Pseudoempathie und Scheinheiligkeit geladenen, nichts anderes als pharisäerhaft und verlogen, ein Ausleben von Täuschungen und Lügengebäuden.
Die weitgepflegte "dünne" Ideologie hinter dem Weihnachtsrummel läßt sich, so man es denn will, leicht durchschauen. Ein weiteres Zeichen dafür, welcher Macht und welchen Interessen man (damit) tatsächlich frönt.
Für all die gepflegten und vielfach gepriesenen Oberflächlichkeiten und Rücksichtslosigkeiten, für all die tatsächliche geistige und seelische Armut dürfte letztlich ein hoher Preis zu zahlen sein. (Dies läßt sich nicht nur am tatsächlichen Umgang mit den klimatischen Entwicklungen aufzeigen, der Hinweise gibt es noch viele andere!) Wer "Weihnachten" und die damit verbundenen eigentlichen, tiefergehenden Werte ernst nimmt, der oder die müßte sich rasch von Hohlheit, Verantwortungslosigkeit, Oberflächlichkeit und materieller Orientierung sowie von Massenexzessen verabschieden und sich auf das wirklich Wichtige, auf eine von Verantwortung für sich und für das Gesamt getragene Lebensweise, besinnen und dies in einer alltäglichen Praxis umsetzen, es wenigstens ernsthaft versuchen.
Der materielle Wohlstand weniger (im Vergleich mit der gesamten Menschheit!), die Dominanz der Schwätzer, Täuscher, Inkompetenten, das stete Propagieren von Wachstum (faktisch für eine Minderheit, dies nicht nur in einem weltweiten Maßstab!) -- dieses Pflegen einer materiellen Wachstumsideologie! --, die Weigerung zu einer notwendigen Bescheidenheit zum Nutzen aller, all dies sind sehr deutliche Zeichen: dieser Weg ist falsch, rücksichtslos und zeugt davon, daß man für diese Spezies den Begriff "homo sapiens" besser vermeidet ... Vielleicht etwas unweihnachtlich darf ich da an Albert Einsteins (ihm zumindest zugeschriebenes) bekanntes Diktum erinnern: "Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher." Und in der Tat: man kann immer wieder den Eindruck gewinnen, die menschliche Dummheit sei tatsächlich unendlich. Gleichwohl gibt es eine stattliche Zahl von Menschen, die durch ihr Denken und Verhalten einen manifestierten Gegenpol zu dieser Auffassung darbieten. Gott sei Dank!
Wer bei meiner Kritik am tatsächlichen Umgang mit Alltag, Lebensweise und einem eigentlich zur Reflexion zwingenden "exemplarischen" Weihnachtsgedanken hier mir nun Resignation o.ä. unterstellt, der hat meine Ausführungen nicht richtig verstanden oder nicht wie intendiert verstehen wollen. (In diesem Zusammenhang sei beispielsweise an Karl Jaspers Kritik über das Verstehen von Sprache und getätigten Aussagen verwiesen!)
Es ist eben schon auch so, daß bisweilen der Grat zwischen erfahrbarer Wirklichkeit und dem sich daraus noch ergebenden / ersichtlichen Veränderungspotential (-potenzial) extrem schmal ist. Insofern ist zumindest eine partielle Resignation häufig identisch mit kritischer Sicht auf das Erfahrbare mit Würdigung dessen immanenten "Spielraums" hinsichtlich Veränderungen (natürlich meine ich das hier im Sinn von Verbesserung der Verhältnisse, also in Richtung qualitativer Veränderungen!) notwendige Voraussetzung (leider noch längst nicht: hinreichende!) für psychische Gesundheit in den Alltagswogen. Oder um es mit Arthur Schopenhauer zu sagen: "Ein guter Vorrat an Resignation ist überaus wichtig als Wegzehrung für die Lebensreise."
Vor den vorgenannten Hintergründen und Begebenheiten, bei aller Skepsis und trotz wirkmächtiger Widerständen, aber auch mit aller Inbrunst spreche ich die Forderung und Hoffnung aus: Es sei endlich bald wieder wirkliches Weihnachten!
"Der Stern von Bethlehem ist ein Stern in dunkler Nacht – auch heute noch."
Edith Stein
Weihnachtszeit 2022 / 2023
Die neue Weihnacht
Adveniat!
Wer? Was? Wann? Wie?
Barrieren aus Dornengestrüpp:
Das viel zu Laute,
Das endlos Gierige,
Das Oberflächliche,
Die Zerstreuungsmaschinerien!
Kein Durchdringen –
Scheinheiligkeitsorgien,
Verlogenheitswogen:
Wörterorgasmen, Sprachöde.
Hektisches Hin und Her:
Falsches Atmen und Pochen –
Verkümmern der Regungen.
Überbordende Aktionismen,
Geschenke der Nichtigkeit!
Weihnacht – längst ausgesperrt:
Gitterzäune, nun unüberwindbar.
Überall: Opfer der Inhaltsleere;
Selbst winterlicher Schnee:
Wo? Jener Rhythmik geflohen!
Weihnacht: geblieben der
Namen – die Erinnerungen ...
Trauriger Blick in Weiten:
Trügerisches Hoffen.
Adveniat?
Abibatur ... Abit ... Wohin?
Quod periit, periit ...
(FagusArua, Dezember 2022)
Nota bene: Man kann für sich ja das Gute wiedergewinnen,
und bei dem Unerwünschten nicht mitmachen ...
Weihnachten: ein besonderer Tag der Völlerei, Trunksucht, Gefühlsduselei, Annahme von Geschenken, öffentlichem Stumpfsinn und häuslichem Protzen gewidmet.
(Ambrose Gwinnett Bierce)
Nota bene: Man kann ja dagegen angehen, es selbst für sich und andere besser machen ... Man hat es in der Hand!
Sterne hoch die Kreise schlingen,
aus des Schnees Einsamkeit
steigst's wie wunderbares Singen -
O du gnadenreiche Zeit.
Joseph von Eichendorff
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O Weihnacht! Weihnacht! höchste Feier!
Wir fassen ihre Wonne nicht,
Sie hüllt in ihre heil'gen Schleier
Das seligste Geheimnis dicht.
Nikolaus Lenau
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... man kann das nicht oft genug sehen, lesen, darüber sich Gedanken machen, vielleicht sogar: Pläne ...
Letzte Blüten
Noch eine Ros' am kahlen Strauch
Fand im Advent ich aufgeblüht,
Noch eines Liedes zarter Hauch
Klang mir verstohlen im Gemüt.
Der Rose Blätter taumeln hin,
Da ich sie kaum berührt, ins Beet,
Das Liedchen schwand mir aus dem Sinn –
Für Sommerkinder ist's zu spät!
Paul Heyse
ADVENIAT
adveniat
woher
wohin
wege der
erfüllung
gedanken
ins licht
suchend
hoffend
blickend
wohin
woher
adveniat
(FagusArua, Dezember 2022)
Möge er / sie / es ankommen auf dem Wege des Herzens und mit den Gedanken der Lauterkeit ... Möge gegeben und genommen werden. Möge es sein: das Wahre.
Gedanken zu Weihnachten und zum Jahreswechsel
Weihnachten ist vor allem auch eines: ein wesentlicher Teil unserer Kultur. Gewiß ist das ein ganz besonderer Abschnitt in den jeweiligen Jahresverläufen, sicherlich auch stark geprägt von Kindheitserinnerungen. Eine Zeit, in der Erwartungen, Hoffnungen und besondere Zeitgefühle ihren ganz eigenen Ort finden konnten (und -- so man es denn will -- immer noch finden können). Insofern hat "Weihnachten" bestimmt immer wieder auch seine "sentimentale" Seite, verankert in schönen Kindheitserinnerungen. Weihnachten als Gelegenheit einer besonderen "Gefühlspflege".
Der "Weihnachtsgedanke" ist auch für jene eine Quelle innerer Besinnlichkeit und der Beschaulichkeit, deren persönliche Weiterentwicklung nicht (so ganz) kongruent mit ihrem religionsspezifischen Werdegang verlaufen ist. Oder einfacher gesagt: man kann "Weihnachten" durchaus (er-)leben, wenn man sich abseits religionsadministrativer Bezüge eher zuhause fühlt. Für mich ist es eine Zeit der ganz besonderen inneren Zurückgezogenheit, damit auch ein Teil anderer Gestaltungsweise und Erlebenssphäre als sie im übrigen Ablauf des Jahres "normal" zu sein scheint. Zurückgezogenheit ist jedoch nicht gleichzusetzen mit der Abkehr von "Welt", sondern eher damit, sich ganz bewußt von der mittlerweile so weitverbreiteten "Weihnachtsgestaltungs- und Geschenkehektik", von den professionell offensichtlich geschuldeten und entsprechend inszenierten "Feierlichkeitsdarbietungen" mit all ihrem Sermon fernzuhalten. Sich ganz bewußt machen, was für einen selbst eben nicht Weihnachten ist. Wer Weihnachten in einer Art organisierter "Mitmachorgie", in "fanhafter" Attitüde glaubt erleben zu müssen, soll es freilich so halten. Es mag auch hier das alte lateinische Gebot gelten: suum cuique. Es sollte jedoch auch akzeptiert werden, wenn andere so vieles an den Weihnachtsgeschehnissen als aufgesetzt, gespielt, geheuchelt, inszeniert, ja auch als: verlogen, empfinden und sich dementsprechend davon abwenden. Was hier nach einer sehr modernistischen Entwicklung von "Weihnachten" (gar nach: Pervertierung des Ursprünglichen) klingen mag, war jedoch schon zu früheren Zeiten von Übel. Hermann Hesse hat dies bereits 1917 in einer Weihnachtsgeschichte festgestellt: seine schönen Kindheitserinnerungen wurden allmählich getrübt und er distanzierte sich von der "geschäftstüchtigen Rührseligkeit, die mittlerweile das Fest der Liebe" bestimmt und in diesem Zwiespalt von Ehrfurcht und spöttischer Distanz spricht er von Weihnachten als einem "trotz allem Schwindel doch immer wunderbaren Fest".
Viele werden es nicht so empfinden, andere, die so fühlen, werden unterschiedliche Gründe dafür haben, mit Hesse zu sagen "Weihnachten und Neujahr sind, alles in allem, Feste, die ich gerne entbehren würde". (Für Hesse war es neben anderen aus seiner Sicht kritikwürdigen Dingen auch dies: "Die Hunderte von gut gemeinten und zum Teil auch wirklich lieben Briefe, fast alle von Unbekannten, übersteigen mein Aufnahmevermögen." Der Dichter fühlte sich offensichtlich von all diesen Zuneigungen überfordert, so er in einem Brief an einen Freund 1950, weil er auf all die Briefe nicht mehr reagieren konnte. Aber das wäre ja eher ein psychisches Luxusproblem, mit dem Weihnachtsgedanken als solchen hat es allenfalls nur wenig zu tun, mit der Art, wie "man" sich zu "Weihnachten" zu verhalten hat, vielleicht schon etwas mehr. Steckt dahinter nicht auch eine Art von "Inflation der Gefühle", die mit anderen "weihnachtlichen Koinzidenzen" korrespondiert: also Masse statt Klasse? Durchaus vorstellbar. Die fehlende "Klasse" beim Weihnachtsgedanken hat Hermann Hesse sehr deutlich bereits 1917 in der NZZ (Neuen Zürcher Zeitung) benannt: "Gewiß, ich feiere Weihnachten, weil ich Kinder habe, die ich nicht um eine Freude bringen will. Aber ich begehe diese Kinderweihnacht als einen festlich-offiziellen Akt verjährten Herkommens, verstaubter Sentimentalität. Die Weihnacht und das Fest der Liebe ist für uns alle schon längst nicht mehr Ausdruck eines Gefühls. Es ist das Gegenteil, ist längst nur noch Ersatz und Talmi-Nachahmung eines Gefühls." Da klingt es fast schon folgerichtig, wenn Hesse dann 1951 in der NZZ vorschlägt, Weihnachten neu zu begehen, als Fest einer tiefen Begegnung mit dem Gott der Liebe.
So mancher dürfte diesem (Hesseschen) Gedanken allerdings entgegenhalten, wie es all jene dann halten sollen, die atheistischen beziehungsweise agnostischen Gedanken folgen. Soll für jenen Personenkreis "Weihnachten" ausfallen, gänzlich getilgt werden, zur Überflüssigkeit verkommen? (Darüber später ein wenig mehr.)
Besonders auch vor diesem Hintergrund möchte ich Hermann Hesses Kritik an "Weihnachten" noch einmal ausführlicher aufgreifen, mit seinen Ausführungen, welche er im Dezember 1917 in seinem Aufsatz "Weihnacht" veröffentlichte: "Unsere Weihnacht ist, von den paar wirklich Frommen abgesehen, ja schon sehr lange eine Sentimentalität. Zum Teil ist sie noch Schlimmeres geworden, Reklameobjekt, Basis für Schwindelunternehmungen, beliebtester Boden für Kitschfabrikation. Das kommt daher: die Weihnacht und das Fest der Liebe und Kindlichkeit ist für uns alle schon längst nicht mehr Ausdruck eines Gefühls. Es ist das Gegenteil, ist längst nur noch Ersatz und Talmi-Nachahmung eines Gefühls. Wir tun einmal im Jahr so, als legten wir großen Wert auf schöne Gefühle, als ließen wir es uns herzlich gern etwas kosten, ein Fest unserer Seele zu feiern. Dabei kann die vorübergehende Ergriffenheit von der wirklichen Schönheit solcher Gefühle sehr echt sein; je echter und gefühlvoller sie ist, desto mehr ist sie Sentimentalität. Sentimentalität ist unser typisches Verhalten der Weihnacht und den wenigen anderen äußeren Anlässen gegenüber, bei denen noch heute Reste der christlichen Lebensordnung in unser Tagesleben eingreifen. Unser Gefühl dabei ist dieses: “Wie schön ist doch dieser Liebesgedanke, wie wahr ist es, daß nur Liebe erlösen kann! Und wie schade und bedauerlich, daß unsere Verhältnisse uns nur einen einzigen Abend im Jahr den Luxus dieses schönen Gefühls gestatten, daß wir sonst jahraus jahrein durch Geschäfte und andere wichtige Sorgen davon abgehalten sind!” Dies Gefühl trägt alle Merkmale der Sentimentalität. Denn Sentimentalität ist das Sich-Erlaben an Gefühlen, die man in Wirklichkeit nicht ernst genug nimmt, um ihnen irgendein Opfer zu bringen, um sie irgend je zur Tat zu machen.
Und an gleicher Stelle fährt Hermann Hesse fort (sich dabei auch an all jene wendend, die sich in welcher Position auch immer als "Stellvertreter wähnen oder gerieren): "Wenn die Pfarrer und Frommen klagen, daß der Glaube und damit das Glück aus der Welt geschwunden sei, so haben sie recht. Unser Verhalten gegen alle wirklichen Werte des Menschen ist von einer Barbarei und Rohheit, wie sie die Welt seit Jahrhunderten nicht mehr gesehen hat. Dies zeigt sich in unserm Verhalten zur Religion, in unserm Verhalten zur Kunst, in unserer Kunst selber. Denn die beliebte Meinung, daß die Kunst des modernen Europa auf einer ungeheuer hohen Stufe stehe, ist ebenso ein Irrtum der Bildungsphilister wie die Meinung vom Vorhandensein einer hochstehenden und Respekt verdienenden “Kultur” unserer Zeit."
Hesse geht hier dann weiter auf den Zustand der "Welt" und des "Menschen" ein (damals war bekanntlich der Erste Weltkrieg) und stellt das fest, was letztlich im Jahr 2022 leider aktueller denn je ist, sich dabei auch Gedanken über "Schuld", über Verantwortung, machend: "Der “Gebildete” von heute verhält sich zur Lehre Jesu so, daß er das ganze Jahr hindurch an sie nicht denkt und nach ihr nicht lebt, daß er aber am Weihnachtsabend einer vagen wehmütigen Kindererinnerung nachgibt und ein wenig in zahmen, wohlfeil-frommen Gefühlen schwelgt, ebenso wie er noch ein- oder zweimal im Jahre, etwa bei Aufführung der Matthäuspassion, dieser zwar längst verlassenen, dennoch aber noch unheimlichen und im Verborgenen mächtigen Welt seine Reverenz macht. Ja, das alles gibt man zu, jedermann weiß es, und jeder weiß auch, daß es traurig ist. Schuld daran sind politische und ökonomische Entwicklungen, sagt man, schuld ist der Staat, schuld ist der Militärismus, und so weiter. Denn irgend etwas muß ja doch schuld sein. Kein Volk hat “den Krieg gewollt”, ebenso wie kein Volk den Vierzehnstundentag, die Wohnungsnot und die Kindersterblichkeit “gewollt” hat."
Und (auch) mit Blick auf "Weihnachten" stellt er fest: "Ehe wir wieder Weihnacht feiern und das Ewige und einzig Wichtige in uns mit einem verlogenen Ersatzartikel von Gefühl abspeisen, sollten wir uns lieber dieses ganzen Elendes recht bewußt werden, auch wenn es zur Verzweiflung führt. Schuld an unserem Elend, schuld an der Nichtigkeit und rohen Verödung unseres Lebens, schuld am Krieg, schuld am Hunger, schuld an allem Bösen und Traurigen ist keine Idee und kein Prinzip, schuld daran sind wir, wir selber. Und auch nur durch uns, durch unsere Erkenntnis, durch unsern Willen kann es anders werden."
Hier möchte ich betonen, daß der Mensch, ungeachtet welcher Religion angehörend, welcher Rasse (ich halte den Begriff gerade auch vor der grassierenden Wokeness eben nicht für "rassistisch", für respektlos, für diffamierend, sondern als ein rein deskripitives Konstrukt), welcher Nation (man erinnere sich, wie schön John Lennon das alles in seinem Lied "Imagine" formuliert hat!), seine jeweils eigene Verantwortung hat, diese einzulösen hat; sich also auch um die Kraft und Emanzipation bemühen muß, hier verantwortlich handeln zu können. Und die Weihnachsgeschichte -- wie "geschichtlich wahr" man sie auch immer für sich sehen mag respektive kann -- gibt umfassende Antworten, entsprechend auch Denkimpulse, auf die Herausforderungen an Humanität und an die Verbesserung der Verhältnisse. Nochmals deshalb die Frage: Was soll ein Agnostiker, was ein Atheist (ich meide diesen Begriff lieber, allein schon wegen seiner immanenten negativen Dialektik!) aber damit anfangen? Meine Antwort: eine ganze Menge, sehr, sehr viel! Aus der Sicht eines Agnostikers stelle ich fest: Für mich ist die Geschichte selbst -- wie religiös auch immer ausgerichtet -- ein Mythos, allerdings ein doch recht schöner, ein Stück gewachsene Kultur vor allem. Also, so man es will, so man kann, ist das alles eine Möglichkeit sich von dem Üblichen besonders fernzuhalten und in einem positiven Sinn in sich zu gehen. Ein Baum, ein Kranz, Kerzenlichter, was auch immer an der üblichen Ausgestaltung, vor allem auch in den Kirchen -- alles Symbole. Dies alles sind Symbole, die ich schön finde, die ich mit meinem Inneren teile und teilen kann. Natürlich glaube ich nicht an so etwas wie Gott, (er-)lebe das eher in einem agnostischen Ausschnitt. Warum sollte einen auch mehr daran an (ohnehin nicht gebbaren) Antworten interessieren, bekümmern? Auch wenn ich näher bei Feuerbach als bei einem Religionsstifter bin -- schöne Geschichten sind es dennoch, schon, zum Nachdenken und Überlegen regen sie allemal an. Und gäbe es sie nicht, wären da dann sicherlich andere. Vielleicht weniger schöne, weniger im positiven Sinn drängende. Irgendwie verbreitet das alles dann seinen Sinn, seinen Mantel und wenn es nur für kurze Augenblicke sein mag: es IST dann, just in diesem gefühlten Moment oder längeren Zeitraum. Irgendwie auch eingebettet in "Raum und Zeit". Vielleicht eben auch ein Umgang mit Gedanken -- oder umgekehrt: dies alles geht eben mit den Gedanken um ... Allein schon deshalb sollte man an dieser christlichen Tradition teilhaben, sie unterstützen, gerade auch in diesen Zeiten, in denen sich ihre eigentlichen Repräsentanten alles andere als systemstabilisierend und hoffnungsstimmend verhalten. Sie leben teilweise eine vollkommen falsche Offenheit, geben wesentliche Traditionen preis, sind dabei auf der anderen Seite unfähig, falsche Traditionen über Bord zu werfen, wo es unbedingt notwendig und ebenso zielführend wäre: als ein besonders übles Beispiel sei die praktizierte Männervorherrschaft genannt, die faktisch der Unterdrückung der Frau das Wort redet ... Gerade in einer am Mangel an Sinn erkrankten Zivilisation muß es Aufgabe sein, Sinnfragen wirklich wieder ernsthaft und tiefschürfend aufzugreifen (und sie nicht Sinnerzeugungsersatz-Mechanismen zu überlassen, vor allem auch nicht: falschen Propheten, seien sie überwiegend klerilaler oder rein medialer oder politischer sowie ökonomischer Provenienz ...), Kraftquellen für Lebens-Sinn und Eigen-Sinn (nicht: Eigensinn!) zu erhalten und zu fördern. Die Möglichkeit, diesen Weg zu gehen, finden wir in der Weihnachtszeit und der sie überlagernden Weihnachtsgeschichte, aber nur dann wenn wir uns um diesen Weg mühen und bemühen. Das Gute der Geschichte, läßt sich für jedermann aufgreifen, man muß es nur wollen, man muß sich dabei natürlich um mehr Selbstbestimmung bemühen und sich nicht einer Fremdbestimmung preisgeben, die von anderen Mächten und ihren Kräften allzu massiv ausgeübt werden!
Auch diesbezüglich hat Hermann Hesse in seinem Aufsatz Wesentliches betont: "Ob wir dann die Lehre Jesu wieder aufnehmen und uns neu zu eigen machen oder ob wir andere Formen suchen, das ist einerlei. Die Lehre Jesu und die Lehre Laotses, die Lehre der Reden und die Lehre Goethes ist in dem, worin sie das ewig Menschliche trifft, dieselbe. Es gibt nur e i n e Lehre. Es gibt nur e i n e Religion. Es gibt nur e i n Glück. Tausend Formen, tausend Verkünder, aber nur e i n e n Ruf, nur e i n e Stimme. Die Stimme Gottes kommt nicht vom Sinai und nicht aus der Bibel, das Wesen der Liebe, der Schönheit, der Heiligkeit liegt nicht im Christentum, nicht in der Antike, nicht bei Goethe, nicht bei Tolstoi—es liegt in dir, in dir und in mir, in jedem von uns. Dies ist die alte, einzige, immer in sich gleiche Lehre, unsere einzige ewig gültige Wahrheit. Es ist die Lehre vom “Himmelreich”, welches wir “inwendig in uns” tragen."
Und wie steht es nach Hesse um das "Feiern von Weihnachten" dann? Schlicht meint er: "Zündet euren Kindern die Weihnachtsbäume an! Lasset sie Weihnachtslieder singen! Aber betrüget euch selber nicht, seid nicht immer und immer wieder zufrieden mit diesem ärmlichen, sentimentalen, schäbigen Gefühl, mit dem ihr eure Feste alle feiert! Verlangt mehr von euch! Denn auch die Liebe und Freude, das geheimnisvolle Ding, das wir “Glück” nennen, ist nicht da und nicht dort, sondern nur “inwendig in uns”."
Es ist also auch Aufgabe, dasjenige aufzuspüren, was "inwendig" in einem vorhanden ist, was nach Entfaltung und Reifung verlangt. Diese Anstrengung mag beides zugleich sein: Freude und Ringen um die jeweils bestmögliche Lösung. Ein Aus- und Aufbrechen. Aber auch eine Absage an all die durchschaubaren Versuche der Vereinnahmung, der Ausbeutung, der Aufforderung des "Mitmachens" bei Dingen und mit Personen, die einem genau das nicht wert sind. "Weihnachten", all die "Weihnachtsbotschaften" in ihrer Ursprünglichkeit als Licht für bessere Menschwerdung; als Nähe (wo sinnvoll und möglich) und als Abstand / Distanz (wo es geboten und zielführend erscheint) zugleich. Ein sich Auf-den-Weg-begeben. Ein Ausweichen vor all den öden Versuchen, falsche Wir-Gefühle suggerieren zu wollen. Die salbungsvollen und routinisierten Allwetterbotschaften, mehr oder weniger langweilig und vor allem inhaltsleer vorgetragen, meiden. Seine wertvolle Zeit nicht vergeuden! Auch das ist eine Mahnung, welche wir den Weihnachtsgedanken entnehmen können. Wenn wir es nur wollen. Ich greife es nochmals auf, dieses "adveniat": auch ankommen bei den Gedanken um die Fragen, ob man das erreicht hat, was man erreichen wollte. Hat man überhaupt die Frage sich gestellt, etwas Sinnvolleres über das Übliche Hinausgehende, anstreben zu wollen? Hat man sich übernommen, hat man sich unterfordert: beides wäre kaum erstrebenswert. Hat man sich auf die wirklich wichtigen Dinge konzentriert oder hat man sich immer wieder unnötig ablenken, zerstreuen, einspannen lassen? Hat man sich ernsthaft bemüht, dem wirklichen Sinn des Lebens, des eigenen Lebens, dem Eigen-Sinn, auf die Spur zu kommen, um dann auch dem endlosen panta rhei nicht ohnmächtig und hilflos zu verfallen? Wo und wie will man (immer wieder) ankommen? Wo sind sie, diese: Wir? Und wo sind jene: Talmi-Wir? Findet man die für einen selbst passende Balance auf dem eigenen Lebensweg, jenem Weg, den Harry Chapin so treffend als "journey between heaven and hell" beschrieben hat? Ist man auf dem Weg, auf der Suche, im Bemühen um mehr "heaven" oder läßt man sich gleiten hinunter in jene Richtung, die bisweilen eben mit "hell" in Verbindung gebracht wird. Man muß nicht unbedingt an "Himmel" und "Hölle" glauben (dies in einem streng-religiösen Verständnis verstanden), um nicht doch mit diesen beiden Bildhaftigkeiten für sich die notwendigen, die richtigen Fragen stellen zu können. Aber ohne diese Fragen wird es vor allem eines kaum geben können: Antworten. Also "Weihnachten" auch sich die Zeit nehmen, Fragen zu stellen, Antworten zu suchen. Da aber diese Aufgabe sinnvollerweise einen stets begleiten sollte, ist es immanente Verpflichtung, Weihnachten sich über die kurze Phase des Fests hinaus zu bewahren -- erst dann wird Weihnachten zu dem richtigen "Fest", das es für die menschliche Seele sein sollte und sein kann. Weihnachen als ein "Nach Hause kommen", als eine Gegenwehr gegen Entwurzelung und Gleichgültigkeit (auch sich selbst gegenüber ...), "als Gegengift zur Rastlosigkeit und Zersplitterung der Welt." (Birgit Kelle). Advent heißt auch erwarten. Welche sinnvolle Antwort darauf geben überhaupt darauf die sich immer weiter leerenden christlichen Kirchen, vor allem deren Oberhäupter, heute noch? Keine bis wenige, und wenn dann eher phrasenhafte Leerformeln, die nichts helfen, allenfalls zu weiterer Distanz anregen. Vielleicht wird es gerade im Advent (also in der Zeit, wo man es "schwerer" hat sich vom alltäglichen Einerlei und dem üblichen Klamauk-Inszenierungen einlullen und ausbeuten zu lassen -- vielleicht rühren da auch die "plötzlichen" Lichter dagegen auf ...) besonders bewußt, wie eigentlich entwurzelt der sogenannte moderne Mensch ist, wie schwer so ein "Ankommen" in dem, was man als "Zuhause" verstehen könnte und möchte, ist: "Wie soll man auch das innere Zuhause finden in einer Gesellschaft, die alle Wegweiser und Einhegungen bekannter Strukturen weggeräumt hat unter dem Hinweis, jeder möge jetzt ganz frei nicht nur sein Geschlecht, seine Familie, sein Zuhause und auch seinen Gott gefälligst selbst suchen?" (Birgit Kelle) (Ich denke, diese Beliebigkeiten lassen sich nicht einmal im atheistischen Materialismus von Feuerbach aufspüren, insofern haben wir es hier mit einem Versagen vor allem auch jener zu tun, die sich immer wieder auf "ihr" Christentum, auf unsere "christliche Kultur" berufen, sie geradezu monstranzhaft immer wieder betonen, dabei freilich versagen, wenn es hier um eine gewisse "Wehrhaftigkeit" und "-bereitschaft" geht ...)
Es mutet bisweilen schon geradezu schizophren an, wenn man (besonders zur Weihnachtszeit, aber nicht nur da!) die monotonen und einfallslosen Berieselungen mit der Forderung nach "Solidarität", nach "Wir", nach "Opferbereitschaft", nach "Einsicht und Verständnis" und weiteren Unterordnungsanweisungen und Verhaltens- sowie Denkdiktaten von Kanzeln, aus Medienaufruhrgeistern, aus von sich dazu besonders für berufen haltenden Mündern hört und dabei gleichzeitig sich gewahr sein muß, daß alles getan wird, daß wir eben nicht diese Gesellschaft sind, in der solche Werte gedeihen können. Keine noch so schönen Sonntagsreden können darüber hinwegtäuschen: auch bei uns dominieren Verlogenheit, Ausbeutung (in unterschiedlichen Dimensionen), Einseitigkeit, Diskursarmut, Schein statt Sein, Rücksichtslosigkeit, Plapperei und die Praxis der großen Wörter, Klugscheißereien und andere Daseinsformen, die Entwurzelung fördern statt ihr entgegenzutreten. Wirkliche Weihnachtsgedanken könnten hier entgegenwirken ... In diesem Sinne dann: wirklich besinnliche Weihnachten!
Alles Metaphysische ist ein Provisorium, es wird aufhören, übernatürlich zu sein,
mit dem Eindringen in die nur scheinbar unerklärlichen Dinge.
Carl Ludwig Schleich
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Am Baum der guten Vorsätze gibt es viele Blüten aber wenig Früchte.
Konfuzius (551 - 479 v. Chr.)
Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Haben wir es geschafft, Eile und Hektik sowie Oberflächlichkeit einzudämmen, es besser zu machen als letztes Jahr? Aber nachgedacht haben wir darüber doch zumindest, nicht wahr?
Nachdem wohl -- erfahrungsgemäß -- so mancher irgendwann gefaßte Vorsatz einmal mehr "down the rivers of time" entschwunden ist, wollen wir es doch auch einmal "besser" machen. Besser? Also vielleicht sich nur das vornehmen, was man wirklich auch entsprechend eigener Möglichkeiten "schaffen" kann.
Sozusagen ein realistisches Anspruchsniveau.
Also nehme ich mir vor:
1. viel Entschleunigung, mit "kleinen" Begebenheiten zufrieden zu sein,
2. viel weniger Zeit mit dem Fernsehapparat verbringen,
2a) sorgsame Auswahl treffen,
2b) Politsendungen weitestgehend meiden,
2c) seichte Unterhaltung gänzlich meiden,
2d) gute Filme, gute Dokumentationen, gute Naturfilme,
2e) Sportübertragungen auf ein Minimum reduzieren,
3. so viel Zeit wie nur möglich in der Natur verbringen,
4. ein paar wenige gute Kontakte mehr pflegen, den Rest möglichst meiden,
5. meine Hobbies intensiver betreiben.
Das sind schon genug Aufgaben, der Rest mag sich ergeben, auch dem Zufall soll sein gebührender Ort eingeräumt werden. Und der Rest ist auch: Schicksal ...
Wer werden will, was er sein sollte, der muss lassen, was er jetzt ist.
Meister Eckhart (1260 - 1327)
Kommt da irgendwann noch mehr?
... einfach Geduld walten lassen ...
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