Lieder zu guter Letzt
abschiede
das schwanenpaar auf dem idyllisch gelegenen weiher
gemächlich seine ruhigen kreise ziehend
das federkleid im klaren gewässer gespiegelt
mit aufgerecktem stolzen halse alles beachtend
für sich würdigend neugierig gelassen zugleich
irgendwann verschwunden
in dieser schönheit nie mehr gesehen
wo wohl verblieben wo wohl gestrandet
der jungstorch beschützt nach verlust seiner eltern
mit beringtem bein in der foliere die ersten flugübungen
eifriger flügelschlag als versuche kraft zu gewinnen
für das spätere eigenständige leben in freier natur
auf wildnis hoffend neugierig gelassen zugleich
irgendwann freigelassen
nur mehr ein beringtes bein am waldesrand
wie wohl geschehen wo wohl der rest
die alte katze seit langem fast nur noch im dauerschlaf 
auf dem alten sofa friedlich vor sich hin schlummernd
die bequeme lage von zeit zu zeit in andere wechselnd
aufmerksamkeit durch schnurren und sanftes pfotentapsen
meist ruhe suchend eigenwillig ab und an schmusend
irgendwann hinausbegehrt
mit klagendem miauen in die nacht geschlichen
wo wohl verblieben nie mehr gesehen
das schiff auf schaukelnden wellen hin und her geworfen
hilflos zum spielball unerfindlicher mächte geworden
in tiefster dunkelheit und eiskalter Nässe hinabgezogen
rette unsere seelen als letztes aufbäumen gegen die gewalten
einst so viel gehofft neugierig nach leben gelechzt
im augenblicke tief gesunken
leiber alsbald aufgedunsen als fischfutter endend
warum wohl jetzt nie wiederkehrend
zerfetzt hängen einige metallteile an hartem brückenbeton
der rest in weiter umgebung all der verbogenen gleise
mit rasendem tempo unvorhersehbar ins elend gerast
plötzlich gerissen aus lesen hören reden schlummern lieben
alle voll zuversicht zielgerichtet mitten im dasein
unmittelbar ausgelöscht
geblieben sind tod verderben trauer und schicksal
frage warum weshalb schon jetzt
im krankenbett mit bleichem gesicht apathisch liegend
kein grund mehr für pläne und freudvolle gedankenwelt
die an sterilität orientierte umgebung nun als lebensersatz
erinnerung an zeiten mit euphorie oder wenigstens hoffnung
schmerzen ziehend dauermüde umfassend verwaltet
dem endgültigen ende entgegen
nicht einmal mehr kraft für erinnerungen
keine fragen keine antworten mehr
sich anderen formen sogenannter notwendigkeit zugewendet
medialer berieselungen gänzlich entsagt und umfassend entsorgt
die lästigen dinge wie handy radio fernsehgerät und vieles mehr
gleichwohl von diktatorischer gebührenkrake weiter vereinnahmt
aussteigen als unvorstellbar
für die kleinen geister der nivellierung und knechtung
wo freiheit wo somit vernunft
es ist herbstlich geworden und tausende vögel sammeln sich
für ihren endlos langen flug nach süden hinein in die wärme
geborgen in federnnähe ihrer artgenossen hinein in weitere zukunft
mitfliegen wollen als gedankenspiel und als ausbruchversuch
freilich absurdes spiel
und wieviele kehren überhaupt jemals wieder zurück
wo verbleiben wo dann anlanden
Veränderte Rhythmik
G ehen jene Wege erhellt von ferne lockendem Glanz
E inen Hauch von Unbekümmertheit tief einatmen
B isweilen schlicht und einfach innehalten und träumen
U nmutsbezeugungen auf deren Quellen verweisen
R ichtungszeige gewiß nicht ignorieren und sich stellen
T reue gegenüber eigenen Wegen in aller Endlichkeit
S icherheit weder durch Gott noch anderem Wunschdenken
T raumtänzerei als nicht zielführende Hilflosigkeit erkennen
A ndere anders sein und deren Teerstraßen schreiten lassen
G edenken daß ein jeder Pfad absehbar ein Ende finden wird
(Fagusarua, 21. Oktober 2014)
Der Tunnel
Im tiefen Dunkel schemenhaft nur zu erkennen:
Wer würde es denn wagen den Namen zu nennen.
Wie stellte es sich dar besehen bei hellem Lichte?
Ein Loch in schönster Landschaft nun zunichte?
Selbst Krähengesang ist längst schon verstummt;
Es ist als hätte sich jede Regung tief vermummt!
Verborgen Straßen, Rinnsale, Flüsse oder Schienen,
Auch all die Wege die geordnet in Fernen grienen.
Dem Dunkel entspringen gar plötzliche Lichter:
Die Engen erscheinen nun unendlich viel dichter,
Bis jäh sie wieder in all ihre Nächte verschwunden,
Blitzschnell Pochen und Atmen ins Nichts entwunden.
Tiefe Schwärzen umgreifen all das was noch Hülle,
Irgendwo tanzen laut singend Elfen in ihrer Idylle.
Und alles andere geht normal seinen Gang allerorten,
Auch bei in tiefnächtlichem Spuk lärmenden Horden.
Vielleicht läßt sich einst lesen von dem was gewesen,
Über all die Erscheinungen welche wirklich erlesen:
Man sieht dann in Bildern wie schön dereinst Gefilde,
Wie unendlich wertvoll so manch mißachtet Gebilde.
Ob Stille, ob Lärmen, ob Tunnel, Licht oder Gischt –
Dies alles zu seiner Zeit von Endlichkeit weggewischt.
Doch was soll all dies viele Räsonieren und Gemunkel,
Wenn letztlich verhüllt die Antwort stets vom Dunkel.
(vollendet: Juli 2015)
Wege ziehen, Kranichen gleich, es wenigstens versuchen, trompetenartig deutlich werden ....
"Wenn ein Kranich fliegt, schlägt auch die einfachste Fliege mit den Flügeln."
(Spruchweisheit aus Japan)
Schon winkt auf hohem Bergesrücken
Akrokorinth des Wandrers Blicken,
Und in Poseidons Fichtenhain
Tritt er mit frommem Schauder ein.
Nichts regt sich um ihn her, nur Schwärme
Von Kranichen begleiten ihn,
Die fernhin nach des Südens Wärme
In graulichtem Geschwader ziehn.
(aus Friedrich Schillers Ballade "Die Kraniche des Ibykus")
Man kann die Erfahrung nicht früh genug machen,
wie entbehrlich man in der Welt ist.
Johann Wofgang von Goethe
Die Seifenblase
Fast aus einem gefühlten Nichts
in lockendes Tanzspiel entlassen:
kaleidoskopartige Buntheiten,
dem Spiel der Lüfte folgend.
Große Augen, Bewunderung:
Kindliches Erstaunen.
Erwachsene Blicke.
Spielerisches Hin und Her,
im Auf und Ab mitschwebend:
ein Fühlen scheinbarer Freiheit,
Unbekümmert im Augenblick.
Tiefes Staunen erweckend in
sanft träumenden Seelen ...
Gedanken treiben lassen –
Wirklichkeit ausgetanzt.
Sehen und Imagination als
kurze Einheit für Bruchstücke:
Jähes Erwachen aus diesen
dahinfliegenden Momenten,
den Sinnen entrissen –
plötzlich geplatzt und in
ein Nichts entschwunden.
(Fagursarau 16.03.2019)
Seifenblasen sind wie Träume, sie bringen unsere Herzen
und Augen zum Leuchten und wenn sie platzen werden
wir von der Realität eingeholt.
(Unbekannt)
Wenn Seifenblasen am allerschönsten sind, schweben sie noch ein wenig, getragen vom sanften sie schützenden Wind, fast liebevoll umwoben, um dann jäh zu platzen.
(Fagusarua 31.05.2019)
Es ist wieder Winter geworden. Sorgsam verlorene Spuren im Schnee suchen. Der Kälte trotzen.
Gedanken wärmen, damit sie nicht einfrieren. Den Jahreszeiten gegenüber Haltung bewahren.
(Fagusarua 31. 05. 2019)
Fliegende Zeit
Nach bald drei Wochen Sorglosigkeit
Zieht mich dein lachend Lockruf
an eueren südlichen Tisch
Zeigt daß es noch greifbare Wirklichkeit
überfließend zu leben gilt
Stunden gezählt durch leere Weinflaschen
Eilen dahin in erbarmungsloser Schnelle
Vor mir langer nächtlicher Heimweg
durch Unbekanntheit
Doch was soll es wenn Gespräche
wie Musik erklingen
Einfach einmal Zeit festhalten können
(Pitsidia 18.04.1996)
CoronaStachel
Die Zeiten – sehr verändert: eigentlich unleugbar.
Nicht aber: das Bewußtsein – vielfach, vielerorts ...
Leider! Bedauerlicherweise: partielle Blindheit.
Leugnen von Problemen, künstliche Empörung!
Dagegen setzen: Demut, Einsicht und Geduld.
Echter Verpflichtung entsprechen und handeln ...
Sich der Geschwätzigkeit hüben wie drüben entziehen.
Keine Beteiligung an Klugscheißerei und Panikmache.
Statt dessen: den Blick suchend auf die trübe
Nebelwand in Nähe und Ferne gerichtet und auf
ein sie durchdringendes Licht hoffen und warten:
Wirklichkeit einsichtig, verantwortungsvoll begreifen!
Wieder einmal: entfaltende Möglichkeit all der pluralen
Meinungsorkane; Gesinnungswinde rauschen vielfältig
übers Land – endlich Gelegenheit sich lautstark zu regen
auch für jene, die am konkreten Ort sonst Stille pflegen.
Augen werden schmaler, die Sicht nun vollends verengt.
Ohren werden dichter: nur mehr hören was gefällt;
Gehirne schrumpfen stetig, Verdrängungsorgien wuchern:
Eskapaden aus widerwärtiger Einfalt und Verkürzung!
Einstige Möglichkeiten zunehmend weniger denkbar!
So vieles in immer dichter werdendem Nebel eingefangen.
Dennoch: so tun als hätte sich nichts verändert, als sei
alles in dumpfem Anspruchsdenken endlos fortschreibbar.
Berieselung aus inkompetenten Mündern, deren Hilflosigkeit
krebsgeschwürhaft all jene armseligen lauen Winde zeitigen ...
Hilflosigkeit als Maxime enger geschnürter Wirklichkeiten;
statt Einsicht, Überlegung und Besinnung: Geisteswahnsinn.
Am Füllhorn ausgerichtete Distanz zur Eigenverantwortung,
Verweigerung und Abwesenheit von Bescheidenheit:
Die Gemeinschaft für eigenen Besitzstand verpflichten,
Vorteile eigener Wahl reklamieren, Nachteile sozialisieren ...
Ausspähen von Lücken für eigene Bereicherungen,
Sicherung selbstgewählter Pfründe verkünden:
Mit Selbstverständlichkeit die anderen verpflichten –
Nährboden für Massenhysterie und Einzelgier
Systemrelevanz als Totschlagargument!
Und eigentlich längst unübersehbar, nicht mehr zu leugnen:
Die Natur schlägt nun zurück: gegen Hybris und Unvernunft.
(Fagusarua, November / Dezember 2020)
Immer ferner ...
Vielfach –
ein Rätsel geblieben
ins Nichts verschwunden
Aufklärung unmöglich
Rätselhaftes belassen
nicht zuviel der Gedanken
Geblieben –
worauf man aufbauen konnte
Wichtiges oft dann nah
Erinnerung als Werkzeug
eigener Lebensgestaltung
Kreisläufe aller Natur
ein Werden und Vergehen
Aufbegehren sinnlos
Irgendwann –
der eigene letzte Weg
Rätselhaftigkeit im Äther
(Fagusarua 14.12.2020)
... alles fließt ...
|