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2008 bis 2012 
 
 
Verspätung 
 
Die Kunst des Lebens als Fähigkeit 
für rechtzeitige Abschiede, 
für jeweils gemäße Umorientierung, 
für Erkennen des Überflüssigen. 
 
Abschiednehmen als Aufgabe 
jeder Sekunde im Taktschlag 
der akzeptierten Vergänglichkeit; 
Vergehen als Unausweichlichkeit. 
 
Momente als Herausforderung: 
Augenblicke im Chancengefälle, 
Auswahl als Möglichkeit, 
Nichtwahrnehmen als Versagen. 
 
Zur Unzeit vor längst fremden Türen stehen –  
als Ergebnis früherer Versäumnisse 
oder Ausdruck von Nichterkennen 
des partiell Unschicklichen ... 
 
Gleiches Schicksal für Ersatzsignale: 
E-Mails als elektronische Hoffnungstäuscher, 
Telefonklingeln als Belagerung fremder Ohren, 
Grußorgien als oberflächliche Kontaktschmuserei. 
Faktisch jedenfalls: zumindest überflüssig, 
gewiß unzeitgemäß, ohne fruchtbaren Boden; 
Zeit als Ausdruck von Versäumnissen. 
Zeit als Blaupause versäumter Möglichkeiten. 
 
Geburt ja schon als Beginn des unaufhaltsamen Weges 
ohne Möglichkeiten zu echter Rast und Stillstand: 
Entweder stets nützen oder verstreichen lassen! 
Zeit kennt weder Stillstand, Sympathie noch Erbarmen. 
Alles fließt: unaufhörlich, unwiederbringlich, ins Ewige. 
Allenfalls dem jeweiligen Restwert noch verpflichtet sein: 
Jener gleichwohl jedenfalls mit neuen Forderungen im Jetzt 
ohne Raum für Vergangenheiten oder für schale, öde 
Sentimentalitäten. – Keine Wiedergeburt aus und von 
gemiedenen Chancen: eben wegen gewählter Orientierung ... 
 
Einfach weiter schreiten, auf unterschiedlichen Wegen, 
Verschiedenheit schlicht annehmen und sie leben bis zum 
Finale der Bändigungsversuche auch von Unverständlichkeiten! 
Verschlossene Türen einfach verschlossen lassen ... 
 
(20. April 2008) 
 
 
 
 
S Ü D E N 
 
Gegen den Trend genießen: 
scheinbar fast unmöglich. 
Mit der Masse antichambrieren: 
überwiegend schlicht unvorstellbar. 
 
Buskarawanen im Minutentakt 
röhrend, stinkend, 
sich durch enge Straßen wälzend; 
durch trübe Scheiben wahrnehmbar 
gelenkte, amorphe Blickhaltungen: 
Passagiere willentlich 
verwaltet, organisiert, schwitzend. 
Den Sensationen entgegen. 
Der ewige Gleichklang 
aus Fremdenführermündern. 
 
Kunst des Antizyklierens: 
Hordenerscheinen antizipieren; 
Invasionen im Kommen und 
Gehen vorausahnen: so schnell 
verschwunden wie gekommen –  
dies als lohnende Fähigkeit 
ausbauen, Vorausbedingung für 
Individualgenüsse schaffen. 
Es gilt: auch hier endlich die  
richtige, gemäße Zeit entdecken. 
Südliche Gefilde als besonderes  
Lernfeld zum wachen Erkunden 
des Umgangs mit teuren Minuten –  
 
es gibt sie dann wirklich noch: 
 
Höhlen in Einzelerkundung, 
Kirchen als Solitärerleben, 
Marktplätze in Morgenstille, 
Straßen aus nächtlichem Naß, 
Pfade des stillen Schreitens, 
den Schweiß erlebter Ferne, 
Ruhe für naturnahe Ohren. 
Am Kai mit den Einheimischen. 
Das Spüren des eigenen Atem, 
Herzpochen als gelebter Rhythmus. 
Das Träumen an leergefegtem Strand. 
Die Rufe als Heimatsubstrat, 
Partikel stillgestandener Zeit. 
Das Hoffen auf Veränderung und 
Stillstand ohne Widersprüchlichkeit, 
das Gleiten über den Tag hinein in 
Nächte aus sternenklarem Wehen, 
Verlangen als nie versiegender Frühling, 
Stimmen aus dem Irgendwo und Nichts. 
Dein Bild als ständigen Begleiter, 
Gedanken ohne lästige Unterbrechungen, 
und Sonne als naturgemäße Dosis. 
 
Man muß es nur wollen können. 
Man muß es nur wagen wollen. 
Man muß es nur zu fühlen suchen: 
 
Dann gibt es das alles noch –  
trotz krebsgleich wuchernder Skepsis. 
 
(16. April 2008) 
 
 
 
 
Die andere Seite der Sonnen 
(für Eva Cassidy) 
 
Lebensfroh in Noten gegossen 
Gefühle nie enden wollenden 
Seins 
Vielfalt als persönliche Aufgabe 
 
Beachtet nur aus Nahfeldern 
Verstehender Ohren im 
Lauschen 
Virtuoses Fingerspiel auf Saiten 
 
Sonnengefühle 
Lebensfrohsinn 
Leichtigkeit 
Gesangspoetik 
 
Abschiedsschmerz 
     irgendwann unüberhörbar 
 
Unvergessen deine Gaben aus 
Bejahung und Verständnis 
Gefühlsspiegelungen 
Seelenentdeckungsreisen 
 
Viel zu früh diese dunklen 
Flecken auf weißer Haut 
Hartnäckig 
Unüberwindbar im Kampf 
 
Traurigkeit zur Unzeit 
Viel zu früh, viel zu früh 
Gegangen 
Genommen 
 
(16. April 2008) 
 
 
 
Moppen und Mobben die Robben? 
(oder: Mobbt der Mob wenn er mit dem Mop moppt?) 
 
Ich werde vehement gemoppt, 
so kläglich die Nachricht klingt; 
so richtig übel stark gemoppt, 
es aus jenen Zeilen hilflos singt. 
 
Doch was moppt da der Mop 
auf lüstern glänzender Haut? 
Oder mobbt halt doch nur der Mob 
hier gemein und allzu vernehmbar laut? 
Also wie das verstehen, 
das so man gesehen? 
Also wie helfen beim Genesen 
bei dem, was da stand zu lesen? 
 
Mobbt da wirklich garstig der Mob, 
oder moppt lediglich sauber ein Mop? 
 
Wir lassen uns nicht foppen: 
Das ist ja kaum zu toppen! 
Laßt sie lieber tanzen in dem Loppen: 
Ja, das Flohgespinst aus Pelzen moppen. 
 
Kommt doch noch vor dem Moppen 
dies Gefühl von kleinen bösen Goppen, 
die relentless über andere Seelen robben? 
Wie in ‘Nach Gorki’ vor dem Moppen Mobben? 
Also zwangsläufig zunächst gelangweilt mobben? 
 
Und wir – essen wir nur genußvoll Moppen 
während and’re unaufhörlich kräftig poppen? 
 
Also in Massen goppen und dann and’re oppen? 
 
Verschwende keine Zeit mit sinnlos Mobben 
und überlege stets, wann und wen zu oppen! 
 
Und dürstet es nach Fliehen, nach schnellem Weiterziehen: 
Wenn nicht nach Loppen dann hurtig halt nach Roppen! 
 
Mit dem Mop allenfalls kräftig die Sicht frei moppen: 
 
Seht, wir erwischen sie beim heimlich’ Kloppen! 
Doch was soll solch’ ödes egomanisch’ Woppen! 
Schon lieber gekonnt immer teasing doppen! 
Doch vereinzelt’ Pech, sie poppen ohne Noppen, 
gelangweilt, einfallslos auf prallen Moppen! 
Gar kräftig mehrfach in die Schlünde koppen? 
Sich in die lockend feuchten Tiefen zoppen? 
Losgelöst lustvoll in die Geborgenheit schoppen? 
 
Nein und nein –  niemals mobben, 
auch nicht zu viel säubernd moppen. 
Statt kloppen: alles doppen, zoppen 
zärtlich schrebbeln auf den Moppen, 
schoppen und so moppen, 
daß es schlicht heißt: poppen ... 
 
Ach je, zum Schluß noch: Grüß all die Robben, 
welche bisweilen fröhlich dort im Eise moppen. 
Bis bald beim nächsten fröhlichen Inselhoppen! 
 
(13. Juli 2008) 
 
 
 
K R E I S L A U F 
 
Zurück erinnern an die 
Fahrten zum klaren See. 
Druck von Kies auf dem Körper. 
Fließendes Wasser um warme Haut. 
Den Zwängen ein wenig entfliehen, 
Gezielt zeitweilig entrinnen. 
Plan für Lebensqualität erstellen: 
Überflüssigkeiten ausklammern, 
Zumindest reduzieren auf 
Unvermeidbares. 
 
Im Laufe der Jahre verloren den 
See in Wirrnissen anderer Alltage; 
Andersgeartet und in scheinbare 
Notwendigkeiten eingebettet. 
Ruhigende Wasser als Seltenheit. 
Wärmende Sonnenstrahlen reduziert. 
Naturgeräusche ersetzt durch 
Aktionismen, teilweise aufgezwungen in 
Umgebung mit Mangel an Tiefgang. 
Geräuschkulissen: künstlich und hektisch. 
Betriebsamkeit als Lebenssubstitut ... 
Immer wieder Gedanken an Flucht aus 
Miseren langweilender Umfelder! 
Beobachtungen als Zündfunke für 
Gedanken an Reorganisation eigenen 
Lebens mit wieder mehr Qualität: 
Ausfüllen der gerissenen Lücken mit 
Inhalten von wenigstens zeitweiliger 
Dauer als Hoffnung auf sinnvolles Sein! 
 
Wesentlichkeiten wieder gestalten: 
Unabänderlichkeiten gering halten, 
Falsche Bezüge ausmerzen. 
Gestaltung als persönliche Verantwortung: 
Gestaltung als Verpflichtung zum Selbst. 
Wesentlichkeiten endlich zementieren! 
 
Weniger Masse, mehr Gehalt –  
(ergo: non multa sed multum): 
Glück als Aufgabe und Verpflichtung. 
Herausforderung in Sinnhaftigkeit. 
Dämlichen Zwängen sich entziehen. 
 
Versuche jenseits alter Wege wagen: 
Gedanken leben können, sie ausführen, 
Leitlinien selbst definieren, 
Ziele überlegt auswählen. 
 
Wieder die Zeit zurück gewonnen, 
Der eigenen Verwaltung unterstellt. 
Deshalb auch unter anderem: 
Fahrten zum klaren See: 
(freilich nicht derselbe) –  
Fast so wie schon einmal. 
Geblieben sind jedoch nicht die 
Menschen von damals, 
Zumindest nicht in Nähe, 
Nicht an diesem See ... 
Jedoch: Verschmelzung von 
Erinnerung und Gegenwart –  
Wieder diese Ruhe und 
Langsamkeit als Lebenselixier, 
Erneut diese wärmenden 
Strahlen aus Erneuerung! 
Auch wieder das lustvolle 
Gleiten im erquickenden Naß. 
 
Aber auch in diesem letztendlichen 
Wiederfinden des richtigen Ortes 
Gebot sorgfältigen Beachtens von 
Antizyklen als notwendiger Humus für 
Vermeiden von Lästigkeiten, von häßlicher 
Selbstdarstellung in Geräusch und ekliger 
Hautästhetik, welche grenzenlos hemmungslos. 
Mißachtung den dummen Tönen gewähren! 
Nicht dem Ruf massenhafter Mittelmäßigkeit 
Achtung gebieten, schon gar nicht ihm folgen. 
Einfach die Wasser fließend spüren sowie die 
Sonnen, warm leckend auf eigener Haut. 
Keine Korrekturen mehr vornehmen müssen: 
Gegenpolig, wo notwendig, sich richten, 
Dummheit erkennen und meiden dürfen. 
O, welch tiefes Atmen, diese Luftzüge: 
(Far away the maddening crowd!) –  
Andere Verbindlichkeiten schaffen, 
Neue Schwerpunkte bilden, 
Entrinnen dem alltäglichen Durchschnitt! 
Statt falschen Solidaritäten: Eigenverantwortung. 
Statt ödem Zungenschlag: Schöngeistigkeit. 
Statt fremdem Zeittakt: eigene Sekunden spüren. 
 
(31.07. / 01.08.2008) 
 
 
 
Seeleben 
 
Spiegel frohweißer Wolkenhoffnungen 
auf glatter Wasserfläche   blaugrün. 
Leises Blätterrauschen ins Gemüt: 
Birkenmelodie aus Endlosigkeitsgesängen. 
Gefühl stillstehender Zeit. 
Gleichwohl Greifbarkeit von Zielen: 
Zukunft als Gestaltungsmöglichkeit. 
Deinen Atem neben mir   Schlummermelodie. 
Geruch von frühlingsreifem Naß, 
Lockdüfte in Sommerlandschaften. 
 
Das Gestern irgendwo geschwunden - 
hinter endlose Himmelslandschaften. 
Erneute Schritte zum See. 
Vorsichtig, langsam, bedächtig, zögernd. 
Der See unverändert   in Größe und Form. 
Die Birken   größer, älter, gebeugter. 
Und   müder in ihrem Lied. 
Vor allem aber: keine Spiegelungen mehr. 
Verborgenes Gewässer unter Blattgewirr. 
Schlinggewächse Tentakeln gleich 
tausendfach verflochten und gewendet 
in Teppiche der Undurchdringlichkeit: 
Keine Spiegelfläche für Traumbilder. 
Leben in eingegrenzten Möglichkeiten. 
Doch weiter lebt er  –  der See: 
wieder sein ruhigendes eigenes Leben 
in der Stille von Ausgewechseltheit. 
 
(November 2009) 
 
 
 
 
 
 
 
 
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