Gedichte 1997 und früher
T H O M A S J.
H A R D I N
G E D I C H T E
Copyright by Joachim Thomas Buchenau
(Januar 1996)
A B E N D S O N N E
Glutrot vergießt du deinen letzten Gruß,
Dankst dem, des Dank nicht zählt.
Grüßt den, der diesen Gruß nicht sieht.
Bedeckst den längst Zugedeckten,
Und dein Schein fällt auf das Licht!
Streichst noch einmal über Glattes,
Umspielst die Klippen der Sanftheit.
Hauchst Leben dem Lebendigen.
Doch mein Dank gilt dir - dir allein:
Du Botschaft der Schönheit, der Unendlichkeit.
A B R E I S E
Du hast mich zum Bahnhof gebracht
Obwohl du nicht dabei warst.
Ich schaute in die Augen einer
Fremden Frau.
Sie winkte mir zu,
Wünschte mir viel Freude.
Doch hörte und sah ich nichts davon!
Du sprachst: Komm bald wieder.
Dein Auge blitzte: Ich brauche dich auch.
Denn für mich warst du dabei;
Und deine Seele behütete mich.
Ich stieg in den Zug.
Fuhr der Ferne entgegen.
Die Ferne zeichnete immer schärfer
Ein Gesicht - dein Gesicht.
A B S C H I E D
Der Träume süße Wonnen
entschweben der Phantasie.
Des Herzens fragendes Pochen
wendet sich gegen das Schweigen.
Atem perlt in Eiseskälte,
strömt ins Unwiederbringliche
und verpufft.
A B S C H I E D
Du liegst in den
Betten der Endlichkeit:
Hin und her dich wälzend.
Hin und her gewälzt.
Du hängst an den
Lippen des Frohsinns:
Saftig und reif.
Von lustvoller Frische.
Du sprichst mit den
Trümmern der Seele:
Die Augen entrückt
Auf ferne Buntkreise.
Du hast den Abschied
Eingeleitet ...
A B S C H I E D
Du sagst, du freust dich, wenn ich etwas tue.
Ich meine: mach' du es doch für dich!
Ich glaube, mein Tun gibt dir die Ruhe,
So entledigst du dich der Gedanken um mich.
Du kannst nicht ertragen mein Einsamsein.
Ich weiß es: du spürst so etwas wie Pflicht.
Dein Leben flößt dir Gedanken ein,
Sie würgen, bohren: aber umgreifen mich nicht.
Dein Kampf des Gemütes umbrodelt dich heiß.
Ich glaube: rastlos treibt es dich an,
Zertretend mit Pfoten sacht und leis' -
Weil tief im Innern dein Herz verzichten nicht kann.
Du sagst, du freust dich, wenn ich etwas tue.
Ich tu' es: ich gehe meinen Weg.
Ich glaube, dies Tun gibt dir die Ruhe,
Zu seh'n im Verzicht baut sich des Glückes Steg.
A B S T Ü R Z E
Du steigst hinein und suchst die Gefahr
Jedoch das Risiko ist weit
Perfekte Technik stellt sich dir dar
Und bietet ausreichend Sicherheit
Die Düsen rollen man rollt zur Flight
Verhält dort bis der Start wird erlaubt
Es drückt dich ins Polster 's ist soweit
Den Boden man deinen Füßen raubt
Schnell steigen wir hoch das Land wird klein
Wir sehen unter uns Ordnung liegen
O könnt' es so ein Leben lang sein
Nur frei wie die Vögel zu fliegen
Gedanken malen ein Bild aus Glück
Wenn die Sonne gleißt über Wolken
Führte kein Weg nach unten zurück
Könnt' man dem Göttlichen folgen
Doch unten wartet der Alltag neu
Fahl blitzen die Sensen der Schergen
Sie steuern - trennen Weizen von Spreu
Warten um dich auszumergeln
Leis' mischt sich ins Denken dieser Art
Verstohlen pervers ein klein Sehnen
Wie wär's wenn das Flugzeug kerzengerad'
Taumelte ins Tal der Tränen
A N I T A
Aufgetaucht aus lautem Übermut
Gegenüber gesetzt
Erwachsene Freude im Antlitz
Augen strafen den Lärm
Für Augenblicke nur wir beide
Fern und nah zugleich
Rätsel rinnen durch meine Adern
Gedanken mischen mit Sehnsucht
A N P A S S U N G
Ich werde leben,
Leben der Wörter geduldige Hingabe
An ausgefranste Münder, hungrig
Nach dem Schwall jenseits der Stille.
Ich werde leben,
Leben der Gesänge vermarktete Harmonien,
Sich nährend in der Welt der Illusion,
Verborgen dem feinen Ohr atmender Seele.
Ich werde leben,
Leben den Zwang der Abwechslung und Lüge,
Entrückt den Bedürfnissen friedvoller Einfachheit,
Ausgesperrt vom Pfad in dornige, süße Tiefe.
Ich werde leben
Und dabei krümmen, fallen, aufstehen,
Mein Antlitz in wogender Menschenmenge gespiegelt.
Der Blick zum All zeigt eine leere Straße:
Die jungfräuliche Straße der Möglichkeiten.
Schnell wende ich mein Haupt ...
Und doch werde ich leben.
ANTWORTEN SAMMELN
Entlang den Straßen
nie möglicher Umkehr.
Auftauchen aus Gewühl
persönlicher Verlorenheit,
Richtung unbekannt.
Vielleicht stimmt: vorwärts,
dem Schlußpunkt entgegen.
(gibt's den?)
Forderungen neuer Ufer
begegnen,
weil alte unterspült,
brüchig, versandet.
Entlang den Straßen:
Antworten auf dem Wege
sammeln.
A S C H E R E S T E
All die Hoffnungen
Träume
Ideen
Wirklichkeiten
Schmolzen auf dem Flug
Durch glühende Sonnen
Verzehrt von der Feuerbrunst
Es gilt Aschen
aufzulesen
ATME
Atme
Tief
Tiefer
Genieße
Denke
Atme
Rausch
Traum
Idee
Atme
Denke
Rausch
Wirklichkeit
Elend
Zerstörung
Trugbilder
Lüge
Wirklichkeit
Atme
Tief
Tiefer
Kohlenmonoxyd
Stille
Frieden
(Um ehrlich zu sein: dieses Gedicht habe ich aus der Erinnerung an einen Schaufenstergestalter
aus Dortmund geschrieben; er hatte diese Idee nach mehreren Gläsern Bier und schrieb so ein
Gedicht, gab mir eine Abschrift und - sie ging mir in Folge von mehreren Umzügen verloren. Erst
Jahre danach erinnerte ich mich vage und habe versucht, zu rekonstruieren ...
Leider weiß ich nicht einmal mehr seinen Namen, geschweige denn seine Adresse. Er möge es
mir nachsehen. Was können wir schon gegen den Lauf der Dinge, Inge ...)
A U F L E H N U N G
Da bleibt es liegen, vor mir, im Staub.
Ich bücke mich, es zu erfassen:
Es wirbelt fort, die Buntheit zerfällt.
So zieh weiter, muß es wohl lassen!
Ein Blau, azur - mit hellen Wogen,
Von gleißendem Strahl durchbohrt:
Es spiegelt wider im Glanz des Stahles
Und verschwindet in der Unendlichkeit.
Und abermals ist's wie ein Raunen,
Das ungebrochen die Menge beherrscht;
Doch nicht einmal ein vages Staunen
Kann der Massen Antwort mir entlocken!
So gleiche ich doch mehr dem Wind -
Rauh, zahm, brausend, gebändigt;
Doch frei genug, um ziehen zu können:
Immer weiter, ohne Rast, dem Rätsel entgegen.
A U S H A R R E N
Stummheit
Der Verzweiflung Bote
schwebt hernieder auf
schwarzem Gefieder
der Sprachlosigkeit.
Im Flügelschlag
graudürrer Federn
trocknen Tränen der
Hoffnungslosigkeit
zu blaßdumpfen Kristall.
Worte verlieren sich
in der Kehle
röchelndem Schlund
fliehen fern und tief
in Fassaden der Haut.
Im Gleichklang der Schritte
pocht das Herz die
diesseitige Melodie
müden Schweigens auf dem
Weg der Resignation.
Im Geäst der
dürren Bäume
schnarren Krähen ihr Lied
der Begleitung:
Ausharren, ausharren!
A U S S T E I G E N
Ich rede nicht vom Einsteigen
Denn davon reden sie alle
Ohne auch nur daran zu denken
Daß sie längst immer schon
Eingestiegen sind.
Eingestiegen - nicht
Weil sie es freiwillig so wollten
Sondern weil ein unerbittlich
Schicksal sie dazu zwang
Zwang sie einzusteigen
Ich rede nicht von den vielen
Die immer nur einsteigen
Die dabei sind weil für sie
Dabeisein das Normale ist
Ich rede nur von denen
Die eingestiegen wurden
Und deren Seele sie zum
Aussteigen ins Uferlose drängt
Ich rede von denen
Die aussteigen wollen
Aussteigen
(Dieses Gedicht war Teil eines musikalisch - satirischen Auftritts unter dem Leitgedanken - lange vor
der Diskussion um "Deutsche Leitkultur" - Deutsches Land, gutes Land ...
Nochmals einen Dank an Vera, Gudrun, Ahmad, Herbert und die anderen. Es war schön.)
AUSBRECHENDE WELLE
Umspülst das Treibholz
mit gurgelndem Ton
Es schaukelt auf wiegenden Kämmen
Du drängst es hienieden
an des Strandes Hohn
Und flüchtest dem sehnenden Drängen
Es schnellen die Wasser
zurück in das Land
Woher hoffend sie einst gekommen
Auf glättende Böen
trägt schillernd Gewand
Und findet das Herz tief geronnen
B A L S A M
O holde Natur!
Balsam meiner müden Seele:
Nun werde ich mich fürderhin
Dir hingeben - nur dir!
Für immer.
In und mit dir verschmelzen
Zu unendlichem Schall.
B Ä U M E
Bäume beschützten uns
zeigten uns des Lebens Sinn
wiesen uns des Lebens Ziel
Raunten in unsere Herzen
Unter unseren Rinden zu verschmelzen
Unsere Seelen fließen zu lassen
ewigen Wassern gleich
Bäume - Hort unserer Gemeinsamkeit
Saft aus quellendem Stamm
Balsam reiner Liebe
Verwurzelt wie der Baum
mit seinem Erdreich
möchte ich an
Deiner Seite leben.
BEHERZIGUNG
Ertrage! Wer setzt hier die Maßstäbe,
gültig und ehern: das Recht hierzu
hat ausschließlich der Betroffene.
B E H E R Z I G U N G
Der zeitliche Mensch mag in
Zeitlichkeit alles überdauern.
Doch das: wozu? - kann nur ein
Ziel, gesetzt vom Selbst,
beantworten ...
BERÜHRUNGSÄNGSTE
Schmetterlingsbeben auf
wilder Blume
Sonnenspiele
Nektartrunk
Windgeflüster in zarten
rohen Fasern
Berührungshauch
Ahnung der Vollkommenheit
Ungreifbar doch
Lebensschein
Zerbrechlich
Entrückt dem Zerren von
Alltagsfäden
Berührungshauch eben nur
B E S I N N U N G
Du sagst, du hast es nun geschafft:
Nicht mehr brauchst du der andern Kraft,
Zehrst ganz allein von eigener Liebe.
Doch halt: wie steht 's denn mit dem Triebe?
Mit großem Wort, mit keckem Blick,
Und stolzgeschwellt lobst du dein Geschick:
Vermögest dich allem aufzuschließen.
Doch halt: könnt dich auch 'was verdrießen?
Du trinkst das Glück aus gold'nem Becher,
Durch deine Kehle rinnt bester Wein:
Deine Lippen sprechen Heiterkeit.
Doch halt: was macht die Einsamkeit?
B E S C H E I D E N
Wenn Blau sich färbt in triefend Schwarz
Und rauht das Bett einst seiden
Laß messen sie die Zeit in Quarz
Und schöne Körper kleiden
Den Kahn auf schwindelnd Meereshöhn
Siehst tanzend du versinken
So tief mags beste Herz nicht sehn
Würd gurgelnd selbst ertrinken
So pack den Halm greif fest ihn um
Bett dich auf Stroh beizeiten
Begegnet dir die Welt auch stumm
Dich wird es froh geleiten ...
B L I N D H E I T
Du magst deine Parolen auf
getünchte Wände pinseln.
Du kannst vielleicht das Pflaster der Stadt
zum Sprechen bringen.
Taube Seelen, taube Ohren, taube Herzen
werden nichts vernehmen:
Sie werden schweigen und weiterhin
die Köpfe abwenden.
abschied der seele
neunzehnhundertachtundsiebzig
irgendein jahr im weltgeschehn
doch ich muß es anders sehn
machts mir dreist die seele hitzig
auf und ab ging all das walten
durchzog die adern dünn und fein
floß mein herz mal groß mal klein
fing bald an mich abzuspalten
all die jahre waren freunde
bei sonnigem glück stets bereit
und war sie fort die heiterkeit
klirrend eis den weg mir säumte
vierunddreißig macht mich dies jahr
so viel an zeit ein kleist wollt gehn
weil er nicht länger konnte stehn
unendlichkeit die sah er klar
werther ruht in meinem busen
am herzen saugt feist mein gehirn
hilft stetig tief mich einzuwirrn
und färbt schwarz die selgen musen
was kann denn morgen schon noch sein
die schwachheit kann das glück nicht baun
der liebe ruf möcht ich nicht traun
o unsterblichkeit bald bist du mein
(Erinnerung an Harry Chapin und an Klaus, die viel zu früh gegangen ...)
B L U M E N T O D
Ein Blümlein still am Wegrand steht,
Es trotzt ganz stumm dem Wind.
So stolz fast hin und her bewegt
Wo Derbheit man vernimmt.
Der Wind, er wird schon weiterzieh'n.
Und dann kann's Blümlein ruh'n,
Bis daß die Sonn' auf's Haupt ihm glüht:
Wird's Köpfchen schließen nun.
Kommt Regen bald mit spendend Tau
Und spült die Dürre rein,
Wird's nicht lang dauern: klirrend rauh
Bohrt Winter sich hinein.
Mit saugend Griff im Erdreich hält
Sich's aufrecht, mal gebückt,
Sehnsüchtig fest am Rad der Welt
Und plötzlich wird's gepflückt.
BÜRGER "N"
Bürger N will aussteigen
Fliegen in ewige Gefilde
Ohne Groll
Ohne Wunsch
Weil deplaziert
Bürger N meldet sich ab
Schreibt den Abschied nüchtern
Kein Haß
Keine Bitterkeit
Keine Enttäuschung
Keine Theorie
Ich höre sie dennoch triumphieren
Kleinlaut doch nicht weniger heftig:
Nun hat er sich doch gerechtfertigt
P.S.: N steht für Niemand,
Ein Mensch ohne Leidenschaft
Für seine Umwelt.
DER GLAUBE DES BÜRGERS " N"
Herr N glaubt
Sein Glaube heißt Zufall
Auch gegen statistische
Quasi-Unmöglichkeiten
So zum Beispiel
Begegnungen im Millionenheer
Zufälliges Wiedersehen
So zum Beispiel
Dem fallenden Meteoriten
Bestimmt zu zertrümmern
Seinen Schädel hinzuhalten
Offenen Auges den Zufall greifen
So gesehen
Zufall als unausweichliche Realität
Gleichsam als Geburt der Absicht
NUR FÜR DICH / DER BRAUTSALON
Wenn die Schritte hinführen
so rein zufällig
zu dem alten Gemäuer
davor
die Gruppe bekannter Wartender
gemeinsamen Einlaß begehrend
wartend auf
worauf eigentlich
dahinter
die weißen Kleider gezähmten Hoffens
Projektionen erfüllten Lebens
gemalt in dürstenden Herzen
Wenn die Schritte hinführen
so rein zufällig
zu dem alten Gemäuer
dann
malen meine Augen dein Bild
vernehme ich deine Stimme
spüre ich das Pulsen deines Blutes
nicht nur dann
D A S K I N D
Kind, im Gesicht voller Zufriedenheit,
Im Ton ganz still, so leis', so stumm.
Dein Glück, so's ist, nennt sich Gleichgültigkeit
Während das Rad der Welt dreht um.
Kind, du leidest still, ganz still, im Geleis
Der Erwachsenenwelt, die drängt
Dein Lachen, den Frohsinn, macht dich zum Greis,
Tötet den Frohmut, sperrt und lenkt.
Umgarnt dich mit List, mit Trug und mit Hohn,
Verzerrt der Lieder klaren Ton,
Baut Mauern der Nichtigkeit.
Baut dich, beugt dich, formt dich gleichgültig leis',
Spielt Verstecken,lehrt dich den Preis:
Kind, du spielst mit, merkst nicht, wie's drängt!
D E I N E W O H N U N G
Stühle, Tische und
anderes Mobiliar
Haben ihren Standort nicht
verändert
Irgendwo tickt schwächlich eine Uhr
Auf dem Plattenteller
dreht sich Cohen
Doch die Lautsprecher
schweigen
Selbst die Pflanzen wirken müde
Dein Öffnen der Türe wird
erst wieder Töne schaffen
Aber halt
da sind die Bilder an der Wand
C O C K T A I L
Man nehme Coca Cola,
reichlich genug:
wegen der prickelnden
alles verdeckenden Schwärze.
Man nehme Whisky mit Eis,
goldenklingend:
wegen der Aussicht auf
tief-gleichgültige Beschwingtheit.
Man nehme eine Prise
Zyankali:
wegen der Garantie auf
immerwährenden Frieden.
Man mische gut,
unbescheiden gründlich:
trinke mit Genuß zur
Melodie frohlockender Seele.
F Ü R C H R I S T I N E
Glanz des Tages!
Schimmer auf Blätter des Schattens!
Ein Wirbel inmitten gelebter Öde.
Ein Raunen,
Infernalisches Brausen,
Orkan.
Du bist da!
Purpurner Monat,
Geziert von gezüchteten Rosen.
Wiesenblumen wuchern!
Ein Anfang.
Gefühl der Uferlosigkeit.
Hingabe.
Du bist es!
Jahr, goldenes Jahr!
Nimmer endende Zeit.
Mantel der Zufriedenheit.
Glücksgefühl,
Glut, ewige Glut!
Christine!
Ich danke dir.
DICHTERSEELE
Ich schreibe,
weil Leben und Tod
die Natur
über meine Hände grüßen.
Wallend bohren
sich die Gedanken durch
ein Labyrinth
und kristallisieren im Wort:
Finden Wege vom
Ich zum Du,
von
Endlichkeit zu
Unsterblichkeit -
im Raum
verströmend ...
A R M E M Ä C H T I G E K R O N E
Verstohlen,
Unbemerkt sprießend,
Gertend,
Sich schmiegend im Wind -
Lesend
In den Zeilen der Fülle -
Lesend!
Gebogen, gewunden, gehärtet:
Das Unerfassbare lebend,
Eingebettet in die Harmonie des Lebendigen,
Wuchsest du:
Mächtig,
Stämmig,
Die Wurzeln tief verankernd
Im feuchten Leib des Lebens.
Die Krone schwoll,
Brauste in die Lüfte,
Fühlte das Beben der Sinne,
Bedeckte den ehernen Leib
Mit stolzen Schatten.
Ummantelte das Streben
Gegen die Uferlosigkeit -
Ward Opfer des Windes,
Der, sich brüstend zum Orkan,
Greifend,
Zerrend, sich verzahnend
Im festen Gebälk des Stolzes,
Im reinen Gefüge der Äste,
Im Labyrinth ehrlichen Hoffens,
Die Entwurzelung vollzog -
Übersehend,
Durchblasend
Die dürren Gewächse der
Unscheinbarkeit,
Frei von jeglichem
Angriffspunkt.
Verstohlen wachsend,
Verstohlen sterbend.
ÜBER DIE MORAL
Moral,
du Mutter der Gerechtigkeit,
Nachtwächterin trister Eintracht!
Moral,
Schöpferin der Gleichförmigkeit,
Pranken in tiefster, sel'ger Nacht!
Moral,
zweispältig darfst du kehren:
Moral,
du kannst mich kotzen lehren!
DOMINREP ODER: UNSICHTBARE ALLMACHT
Dominrep als Schatten im Hintergrund
Fühlt Winde und Sorgen aufwehen
Hört wie die Menschen fortgehen
Taucht auf und malt alles leuchtend und bunt
Dominrep auf dem Rappen festgebannt
Schwebt nieder aus himmlischen Sphären
O könnt dies doch ewig währen
Ergreift dich und lockt in ein ferner Land
Dominrep in die Ewigkeit gestellt
Ohn Qual an Lust Neid Gold Hohn Spott
Gaukelt von immerwährendem Glück
Verführerisch lockt er in seine Welt
Die Glut treibender zäher Gedanken
Greift mich im dornigen Rosenbett
Scheucht Dominrep Kraft ich hätt
Im Augenblick des Leids nicht zu wanken
D U
Ich
umwoben von
Tentakeln der
Glückseligkeit
aufgefangen in
Farben die
niemand zu
nennen vermag
Glückseligkeit
Der Krähen Lied
verstummt
Kinderlachen
Frühlingsmelodie
Der Grund
für all das
Du
DURCHHALTEN
Ausharren! Harre aus
Bis daß dein Fleisch von
Deinen Knochen fällt
Und das Klappern der Gebeine
Tönernd den Wind überstimmt:
Aus-har-ren, aus-har-ren.
EIGENSINN
Familiengebet
gerichtet auf Bindungen
der Unendlichkeit:
Phantasmagorien der Vergangenheiten.
Intrigen,
Selbstzerfleischung,
Narzißmus,
Eigensinn, nicht Eigen-Sinn,
lenken die Wörter:
Ernten der Moderne.
D U R S T
Aus dem Nichts geschaffen für Sekunden
Aufblitzendes Glück von Minuten verweht
Wölbt sich blauer Himmel über Stunden
Glättet der Wind das Auf und Ab der Tage
Monate reihen sich und formen Jahre
Es schleppt sich der Mensch von Jahr zu Jahr
Von Monat zu Monat zerrt es ihn
Er kämpft sich von Woche zu Woche
Ihn dürstet von Tag zu Tag
Es quält eine Stunde die andere
Minuten durchbrochen vom Gleißen
Einkehr verheißenden Lichtstrahls
Gedehnt zu Sekunden des Jammers
Im Augenblick dürstet nun Endlichkeit
Nach der Unendlichkeit schützender Schleier
E I N B I L D U N G E N
Jenseits der hohlen Fassaden
findet sie statt:
Die Hatz nach Kleinigkeiten.
Mühlsteine aus Minutenschmerz
zermahlen sie:
Wunden aus Eingeweiden.
Freude flutet müde Körper,
gebärt Träume:
Krebsgeschwür der Einbildung.
E I N B R I E F
Allein, vereinsamt, verlassen:
Dies Gefühl baut all die Strassen,
Die fern von dir mich lenken
Zu gar absonderlich' Denken.
Die Zeit bleibt stehen, bleibt stecken.
Die Uhr muß einfach verrecken.
Sie fragt dich nicht nach: warum" -
Bleibt stehen, bleibt einfach ganz stumm.
Ein Brief kommt, paar Zeilen, zum Lesen:
Sie zeigen, wie du gewesen.
Das Gestern bringen sie her,
Beschreiben die Sehnsucht so sehr.
Doch Zeilen! Zeilen zum Ranken,
Für's Zügeln dummer Gedanken,
Verscheuchen garstige Sorgen,
Bestrahlen die Hoffnung auf morgen.
ENTSCHWEBEN
Mir ist's
als ob
aus Geborgenheit fliehend
dir
Flügel wachsen.
Du entschwebest auf
Federn des Auges,
Federn des Ohres,
Federn des Verstandes,
Flügeln der Vergangenheit:
irgendwelchen Sonnen
entgegen - denn
das All ist rund,
so rund.
E M P F I N D L I C H K E I T
Mit Teufelskrallen drückt
der Arbeit hämmernder
Stempel zwischen zuckende
Schulterblätter:
Er lächelt in seine
Umgebung hinein.
Müde stummt die schwelende
Sehnsucht, zerfressend
schweigt sie in Sphären wühlender
Bindungslust:
Er lächelt in seine
Umgebung hinein.
Gierig leckt der Neongirlanden
lockender, glückverleugnender
Schimmer an Hoffen der
Unschuld:
Er lächelt in seine
Umgebung hinein.
Bebend entrückt er sich
der Massen Einsamkeit,
leidend an der Wörter hohler
Fassaden:
Er lächelt in seine
Umgebung hinein.
Vorwärts schiebt es ihn;
stolpernd über einen
Stein, fängt er an zu schluchzen,
haltlos, Schmerzwasser strömt:
leicht empfindlich ist er,
heißt es nun spöttisch ...
E N D L I C H K E I T
Regenbogen ohn Anfang und Ende
Kommt zu beleuchten mein Wohlergehen
Spannst deinen Bogen aus Fern
Über mein Feld de Erinnerung
Ordnest in deine bunte Vielfalt
Des Leben monotone Gegenwart
Göttin des Glücks von Menschen geschaffen
Reimst der Einfalt reimlose Phantasien
Küßt in den Wäldern der Dunkelheit
Stolperst nicht über Maulwurfshügel
Bedeckst mit übergroßem Mantel
Den Harnisch totaler Aggression
Satan auf deinem feurigen Rappen
Lockruf de unendlichen Gefilde
Rufst die Sehnsucht der Leidenschaft
Träufelst Sand in die Augen des Nichts
Singst mir das Lied schillernder Hoffnung
Auf öden ungestimmten Saiten
Mein Herz du Vagabund trüben Sehnens
Ermattet nach rastloser Wanderschaft
Komm heim und tröste die Neigung
Zerfließe im Rumpf meines Daseins
Halte das Fleisch meiner Endlichkeit
Auf den Bahnen schnell rinnender Zeit
E I N S A M K E I T
Halb im Traum gewonnen
Doch bei Tag zerronnen
Einsamkeit
Menschenschicksal
In Arbeitslust getrieben
Doch müd und trüb gerieben
Einsamkeit
Menschenschicksal
Schon Freundeskreis gesichtet
Doch zu leicht gewichtet
Einsamkeit
Menschenschicksal
Durch Schweiß die Höh erklommen
Göttlichkeit ersonnen
Einsamkeit
Menschenschicksal
Im Blumenmeer versunken
Im Strom der Zeit ertrunken
Einsamkeit
Menschenschicksal
E R M A H N U N G
Erbärmlicher, o du, der versucht,
blindwütig und hoffnungtrotzend,
dem Schicksal sich in den Weg
zu stellen!
Zerreiße die Blätter deiner Gesänge!
Knie nieder, ohnmachtsaugend,
und schmelze in Ehrfurcht, nichtswürdig,
vor den Gesetzen geformter
Monumentalität:
Hauche die Verse deines Herzens, blutend,
in die tiefsten Kammern geschlossenen
Fleisches
und weiche den Lockungen goldener,
unerreichbar ferner, weinender Hoffnung.
Taumele, angekettet und folgsam kriechend,
entlang den vorgezeichneten Bahnen:
auch jene werden dich in Ewigkeit
finden.
E R W A C H T
Der kindlichen Seele
ungetrübtes Hoffen
weicht vor der Wirklichkeit.
Der Sehnsucht Sproß
ward geknickt
von Winden so rauh.
Das sanfte Lächeln
um süß schlummernde Augen
erstarb von Blitzen geblendet.
Erwacht ist der Mensch,
und mit ihm sein Gemüt:
Doch beide wandeln auf
verschiedenen Uferseiten -
umsäumen brodelndes Dunkel.
F A L S C H E A N T E I L N A H M E
Drei Bücher, gepflegt, teuer, doch leer,
Als Zeichen für Beistand gebracht:
Sie stehen verstaubt, studieren sich sehr ...
Was hätte die Rose vollbracht!
Dein Herz hängt am Haken, ruht im Meer.
Die Gesinnung ist's, die müde nun lacht.
Nun suchst du nach deiner Menschlichkeit?
Befragst das Schicksal: schon bist du entzweit!
Hab' alles gegeben, genommen -
Das Edle auf Wiesen ersehnt:
Im Dunste erzitterten Sonnen,
Das Herz ward durch Schweigen vergrämt!
Und fern sind die selige Wonnen,
Weil du an den Wind dich gelehnt.
Doch in immerwährendem Schwanken
Setzt du dein Schicksal in Schranken!
F A L T E N
Falten
über gewitzten Augen
schwelgend in stiller Erinnerung
jenseits von Hast und Eile
Bleiche
bekämpft von dunklen Ringen
Gesichter zur Maske verzerrend
spielt Arbeit und Ordnung
Fusel
auf Mantel Mund und Seele
verdeckend Schreie der Gegenwart
Kotze treibt im U-Bahn Schacht
Falten
in gestaltetem Erdreich
Gräser wiegen sich im Sommerwind
und behüten den Frieden
FEUER ENTZÜNDEN
Im Glanz der sinkenden Sonne
mit den Krähen
auf nahe Hügel ziehen.
Ein Feuer entzünden,
der Kälte trotzen!
Worte auf der Wahrheits Schale
emporwiegen
in saftige Sommerwiesen:
Umwoben von freier Natur.
F Ü R ...
Im forschenden, verstehendem
Streicheln
Deiner Hände,
Deiner Seele,
Reißen dunkle Wolken auf
Und Licht bestreicht
Eine endlose Welt.
(Idee nach George Jones´ Her name is ...)
F Ü L L H O R N
Füllhorn -
berstend von gebündeltem Bunt,
weisend in das Licht der Ferne,
öffnend den Schlund der Geborgenheit.
Füllhorn -
atmend den Duft ferner Strände,
saugend am Hauch tiefster Sehnsucht,
klammernd im Tau feuchtdunklen Mooses.
Füllhorn -
dein Boden hat ein Loch ...
G E B E T T E T
Eigenen Atem spüren.
Wieder!
Lebensstrom rinnen fühlen.
Wieder!
Bewußt der Körpermächte.
Wieder!
Abgeschüttelte Hast.
Weggeworfene Unruhe.
Entzogen falscher Ideale!
Lebenshauch, Seelenwolken,
Puls der Gestaltung:
Frei, in
Deinem Gesichtskreis
Gebettet.
GEBURTSTAG
Geburtstag ist's was jedes Jahr
Verführt zu neuem Hoffen
Schlägt man doch dann von je aufs neu
Das Tor nach Morgen offen
Vergißt wenn nur für kurze Zeit
Der Mächte starres Lenken
Verweilt entrückt in Heiterkeit
Mit hoffnungsfrohem Denken
Entläßt dann froh das alte Jahr
Und wähnt sich schon im nächsten
Die Zuversicht treibt dich voran
Läßt tief nach Handeln lechzen
Doch einen Rat vergesse nie
Bist verwoben du im Garn
Und schaust nach hilfreich Händen aus
Findst sie nur am eig'nen Arm
G E F A N G E N S C H A F T
Am trägen Angelpunkt
schwarzer Welt geheftet
flattert gebrochen der Flügel,
einst Schwing in
bunten Zeitaltern.
Um ihn dreht sich Erde,
beäugt,
bedauert,
bemitleidet,
verlacht:
ein harmlos Torso.
G E F I L D E
Gefilde
verschneite
ruhende
bedeckende
lockende
rufende
bergende
Gefilde
G E F L O H E N
Gerufen
die Nacht zu verscheuchen
dem Dunkel Paroli zu bieten
Gerufen
Gekommen
die Finsternis zu durchbrechen
der Ohnmacht Grenzen zu setzen
Gekommen
Gesunken
in den Schoß der Geborgenheit
wühlend im Moos vollen Lebens
Gesunken
Gegangen
entflohen in Ernüchterung
wankend in der Macht eigenen Ichs
Geflohen
G E S P R Ä C H E
Wörter
Hüllen aus Imaginationen
Spiralenförmig ins
Uferlose gesandt
Entfernung von persönlicher
Wirklichkeit
Sprachlosigkeit
Öde im Alltagsknäuel
Zwischenräume aus Nebel
Die Finsternis durchbrechen
Aufstoßen die Türe
Den anderen sehen hören
und fühlen:
Gespräche!
G E W A L T S A M K E I T
Feingliedrige Hände
Unschuldig
Ende des eigenen Armes
Dereinst Sprache der Zuversicht
Greifen
Hinein ins tiefste Innere
Reißen heraus
Vergangenes
Schleudern es in die Welt
Blutverschmierte Klumpen
Geahnter Hoffnungen
Grobschlächtige Hände
Unschuldig
Ende der eigenen Seele
G L E I C H S C H R I T T
Du gehst voran im Gleichschritt:
Getrieben vom Rhythmus des
Gleichklangs marschierender Aversion!
Weil es dich fürchtet auszubrechen,
Das Wagnis zu versuchen,
Dich aufzuschließen ...
GLÜCK DER STUNDEN
Tastende Worte, fließend aus der Iris Spiel,
strömen in nestelnde Hände, schwitzend beredt;
sie tasten sich vorwärts, ergreifend zögernd, viel
baut die Stummheit, was Herzen entschwebt.
Pochende Herzen, gehüllt in bebende Haut,
spinnen glitzernde Fäden, die, Frohsinn durchtränkt,
leis' der Gedanken Sehnen verbinden. Es schaut
diskret die Hoffnung zu, still gelenkt.
O Glück der Stunden! Taumelnde Seelen im Raum
suchen Verstehen. In fragende Welt geblitzt,
entdecken sie Leben, fröhlich Leben, und schau'n
einander viel tiefer, reich beschützt.
O Glück der Stunden! Zärtlich Strahl spendest mir du!
Möcht' nimmermehr flieh'n. Wollt' alles von dir wissen:
weshalb du weinst, lachst, strahlst, - dein Antlitz immerzu
warm in funkelndes Leuchten küssen.
G L Ü C K
Glück
Verstehen
Träumen
Sehnen
Freundschaft
Liebe
Glück
H A R M O N I E
Tanzende Gedanken froher Sehnsucht
Auf dem Parkett schwebender Seele:
Geist und Träume in Frieden vereint!
Schalmaienklänge über saftigen Wiesen,
Behaucht vom wärmenden Atem goldener Sonnen:
Geist und Träume in Frieden vereint!
Kühle Winde, fernes Grollen, Vorhänge
Gewebt aus grauen Fäden, verhüllen den Blick:
Geist und Träume im Kampfe entzweit!
G E S C H W I E G E N
Ich habe geschwiegen
Geschwiegen
Weil man immer schweigt
Wenn man hofft
Und ich habe gehofft
Tief in meinem Innern
Gehofft
Ganz fest gehofft
Daß du unseren Weg bereitest
Daß dein Herz eine Entscheidung fällt
Weil es nicht mehr anders kann
Darum habe ich geschwiegen
Geschwiegen
Weil man schweigen muß
Wenn man erhofft
Und dann kam der Tag
Den mein blutend Herz gesetzt
Den es herbei erbebte
Weil es zu schwach länger zu leiden
Mein Herz und ich
Wir haben zusammen gehofft
Weil wir zusammen gehören
Nicht auseinanderbrechen können
Wir haben geschwiegen
Geschwiegen
Weil man immer schweigt
Wenn man hofft
Geschwiegen
Bis der Tag kam
Der mein blutend Herz gerinnen ließ
Zu einem Klumpen knisternden Eises
Und ich folgte meinem Herzen
Auf seinem Weg
In die Wüsten des Diesseits
Begleitet von der Eisvögel schnarrend Lied
Die da sangen
Schweigen und hoffen
Schweigen und hoffen
Hoffen und schweigen
D E R B E R G
Mächtig überragt das Tal er
Mit windgeschliffenem Granit
Verdeckt dem gewundenen
In die Begrenztheit verwiesenen
Dorfe den Blick in die Ferne
Auf den satten grünen Hügeln
Des Heute weiden gemächlich
Zufrieden Tiere der Gegenwart
Vielstimmiger Glockenklang
Tönt das Lied der Harmonie
Sonnenstrahl legt sich sanft
Über die Dächer aus Geborgenheit
Umspielen der Menschen geschäftiges
Treiben und verjagen so
Hast mit all ihren Einbrüchen
Wolken ziehen auf und
Verfangen sich in den Zacken
Des stämmigen Berges - werden
Zerrissen und zurückgeschleudert
Umbrodeln das Dorf mit düsterem Dampf
Blicke stumm und zürnend flehend
Wollen das Unheil verjagen
Allein der Berg - verwurzelt
Im Fundament uralter Schichten
Gebietet der Hoffnung Einhalt
Blitze jagen aus Himmeln
Entladen sich auf den Flecken
Des Wünschens - schlagen Löcher
In den Teppich gewoben aus
Den Fäden der Morgensonne
Es tobt und kracht: fahl
Durchtrennen Blitze die dunkle
Nacht - gewunden in den
Fängen mächtiger Natur sieht
Das Dorf finsteren Mächten entgegen
Es brodelt und braust
Flehen vermag das Unheil nicht
In Ketten zu legen - beherzt
Kämpfen Männer und Frauen eng
Umschlungen gegen schier Unüberwindliches
Der Morgen bricht hervor und
Bestrahlt Tausende Brocken Stein
Gesprengt durch Taten - aus
Verzweiflung und Wollen gespeist
Das Auge wacht über geglättetem Berg
Dem Dorf sind nun Wolken
Und Sonne - der Blick in die Ferne
Ist frei und im harmonischem
Auf und Ab der Gewalten glauben
Menschen nun ihr ehernes Ziel zu leben
HEUTE BESETZT
Das Rad des Tages
verlangsamt seine Fahrt
Dunkelheit legt sich
auf gebeugte Schultern
Schwankend am Wert
Irrig im Ziel
Blind
taub
gelähmt
Von Frost geschüttelt
Die Hoffnung greift zum Telefon
Doch es heißt schlicht:
Heute besetzt!
DAS ALTE HAUS (GEDICHTETRILOGIE: I)
So endlos weit vom Trubel der Zeit
Geborgen in Mutter Natur
Besamt mit dem Duft alter Herrlichkeit
Inmitten lieblichster Flur
Um hölzern Gebälk mächtig und stark
Spielt und tanzt sanft der Wind
Und wenn die Sonne müde mal ruht
Der Regen sein Lied mir singt
Dies Haus kennt die Zeiten - festgebrannt
Im dumpfen Ton alter Steine
Verbergen sich Welten aus diesem Land
Vergessen hat es keine
Wer leise lauscht - ja wer es versteht
Vermag hier das Leben zu sehen
Freude greift ihn doch furchtsam in Gott
Spürt es auch das Vergehen
Das Herz des Hauses sein Seelenzelt
Behüten noch ein paar Bienen
Das Glück jener Eintracht schreit nicht nach Geld
Kann dem Urquell noch dienen
Und fragst du mich wie's steht um dies Haus
Komm her versuche selbst es zu sehen
Beim Schildern geh'n leicht hier die Wörter aus
Wahrheit läßt sich verdrehen
Manchmal ist's mir als träumte ich nur
Hab' Furcht der Traum könnt' entfliehen
Ich suche dann der Wirklichkeit Spur
Den Zwang weiterzuziehen
Hier gaben Freud und Leid sich die Hand
Mein Herz wollt oft schon entschweben
Dann fand ich's an Orpheus düsterem Strand
Konnt selbst sich nicht erheben
Hier spielte einst froh mein Jugendglück
Später mein Kind tat dergleichen
Sie wußte noch nichts vom derben Geschick
Floh mit ihr - mußte weichen
Hier war ich allein - oft auch zu zwei'n
Kämpfte die Seele in Bande
Oft schwankt' ich - oft bog's mich - oft war ich klein
Manches Mal stand ich am Rande
Durch Fenster und Türen pfiff meist der Wind
Schob Wärme im Haus hin und her
Asseln Spinne Käfer grüßten geschwind
Bald ist das alles nicht mehr
Ich sehe dich vom Frühling eingerahmt
Strahlen im Sommersonnenschein
Wie der Herbst uns beiden den Winter bahnt
Muß fort - 's hat nicht sollen sein
DAS NEUE HAUS (GEDICHTETRILOGIE: II)
Der Mensch braucht ein Dach über dem Kopf
So sagen sie alle
Und wollen dich mir schenken
Ich bräucht ein Dach über dem Kopf
Doch deine Klinkersteine
So weiß flößen mir Argwohn ein
Dein Format ist gut - bist repräsentativ
Passanten loben dich
Entsprichst auch den neuen Isolationsbestimmungen
Der Mensch braucht ein neues Dach - Halt
So denken sie alle
Und wollen mich mit dir fesseln
Deine Wände sind glatt - neu getüncht
Bist sauber und steril
Stehst auf festem soliden Fundament
Dein Grundriß ist wohl durchdacht
Architektenhaft klar
Es wacht eine klare Konzeption
Der Rasen um dich ist wohlgepflegt
So wie die Ordnung
Die dich umgreift und dir Stütze ist
Deine Eingeweide sind technisch perfekt
Liefern Wasser und Strom
Und spülen den Abfall in vorgezeichnete Bahnen
Du bist nach außen schön wie eine Frau
Die auf Kosmetik sich versteht
Die weiß wie man sich anzupassen hat
Du meidest den Lärm der polternden Welt
Aber auch die Stille
Dein Trachten gilt gesundem Mittelmaß
Du lächelst geziert im Sonnenschein
Regen perlt von dir ab
Und für den Wind hast du nur Mitleid übrig
Laute der Natur dämmst du nach außen
Kleintiere als Last der Zeit
Weist du mit stolzen festen Mauern zurück
Wenn ich dich so glotzen sehe frage ich mich
Wie du meine ruhelose Seele
Innerhalb deiner Mauern bändigen oder
streicheln willst
MEIN HAUS (GEDICHTETRILOGIE: III)
Ich zog in endloser Wanderschaft
Klammheimlich an vielem vorbei
Nichts Hohles hat mich hinweggerafft
Der Unendlichkeit blieb ich nur treu
Der Schlösser viele hab' ich gebaut
Sie wankten im Sturm hin und her
Balken aus Luft war'n sie anvertraut
Die Sturmflut spülte alles ins Meer
In der Gischt weiß dampfender Wogen
Umgriffen von ewigem Sein
Getrieben von Segeln hinaus
Find ich mich von nichts mehr betrogen
Und bau' dort der Sehnsucht Haus
Verschlossen irdischer Pein
H E R Z E N S G E S Ä N G E
Der Herzensgesänge
hoffende
Schalmeien
tönen im Kanon
Honigmond
blauer güldener
Honigmond
Honigmond
blutrot
pechschwarz
tanzend um
zitternde Fäden
tanzend...
HILFLOSE LIEBE
Du standest da mit Zittern in den Augen
Dein Lächeln schien mir undurchdringlich fern
Mein Herz erbebte vermochte kaum zu glauben
Es gab eine Zeit da gab's für dich nur:
ich habe dich gern
Mit dir wollt' ich das Wagnis Leben gehen
Kein Ufer schien uns unerreichbar weit
Kein Berg zu hoch unsere Herzen konnten sehen
So stehen wir und schweigen träumen von:
Glückseligkeit
Abschied der Herzen baut in Sachgassens Land
Ein Vorhang verdunkelt der Lichter Weg
An deinem Ich zerrt eine unsichtbare Hand
Es wär halt so schön - Auf Wiedersehn klingt's
von Wehmut belegt
H I M M E L S S T Ü R M E
Im Alltag zeigt sich Schauer
Es zieht empor die Trauer
Gewinnt ihr erstes Spiel
Weist auf ein neues Ziel
Schon selbst dir Flügel werden
Der Zog zieht dich von Erden
Die Federn machen frei
Du sprengst den Halt entzwei
Zurück bleibt Schutt und Asche
Als wär einst nichts gewesen
Schlüpf durch des Lebens Masche
Es gibt nichts aufzulesen
Der Ruf einst fern tönt näher
Was wünscht ich mir denn eher
Als fern von Seelenqual
Frei im ewigen Tal
H O F F N U N G S F L Ü G E
Gelb grüßt jetzt der Löwenzahn
Umfaßt die Flur mit Stille
Fing auch in mir das Frühjahr an
So pocht der Sehnsucht Wille
Nun haucht der Wind die Sporen fort
Ergraut was golden gewesen
Sie wehn nach unbekanntem Ort
Kannst du die Flugbahn lesen
Doch finden sie bestimmt ihr Heim
Und erblühn in neuem Glück
Auf hehrer Wiese nie allein
Ihr Köpfchen freudig zückt
Ähnlich gehts dem Menschenkind
Schwebt über viele Höhen
Jedoch treibt ihn der laue Wind
Gibts selten Licht zu sehen
H O F F N U N G
Einst inmitten Frühjahrsgrün
Gold das Herz bekränzt',
saugte voll des Lebens Müh'n.
Glück schien ein Gespenst,
aufgetaucht aus tausend Wiesen,
begleitet vom Gesang
der Millionen Weltenriesen,
stets dem Licht entlang.
Jäh verdörrt in Sommersonnen,
ausgelaugt, verbrannt.
Zehren von vergang'nen Wonnen.
Weist nicht dort die Hand
auf ein schüchtern Blümelein
das sich bohrt durch Wüstensand?
H O F F N U N G
Es wird die Zeit kommen -
die Zeit der Gesänge.
Frühling mag einbrechen:
Atem der Wirklichkeit!
Der Welten Angelpunkt
ruht in deinem Antlitz.
Herz und Wille einen
sich für Seelentänze.
Hände verschmelzen in
ewigem Verstehen.
Es wird die Zeit kommen -
die Zeit der Tanzfeste.
Sommer mag aufbrausen:
Stimmen des Liebesfests!
Des Weltall Freudentau
perlt in treuer Iris.
Herz und Wille einen
sich in Morgenstrahlen.
Wer mag da von Herbst,
Wer mag da von Winter
klagen?
Was läßt mich Hoffnung,
Was schon Zuversicht
leben?
Es bist du -
deine Stimme am Telefon,
deine Hand auf Papier,
dein Blick an mich.
Es wird die Zeit kommen -
da Hoffnung wird gelebt!
H O H L E A U G E N
Hohle Augen zittern vor
Den Versprechungen des Herzens
Flackern in Hilflosigkeit
Töten den Glauben an
Funkelnde Iris
Hohle Augen pressen Tränen
Zu kühlen heiße Wünsche
Und glühende Wangen
Hohle Augen trüben im
Spiel nüchterner Wirklichkeit
Weichen vor sich selbst
Bohren in nie gekannte Welten
Erstarren in der Lüge
Hohle Augen vermögen
Nicht mehr zu schauen
Nicht mehr zu weinen
Nicht mehr zu träumen
Hohle Augen sind gebettet
In den Knochen des Schädel
Sind Funktion geworden
Entrückt der Seelenwelt
Hohle Augen sind gebrochen
Sinnen starr vor sich hin
DIE HÖHERE SEHNSUCHT
Zerklüfteter Baum ein Stück Natur
Weißrot spannt sich Blütenpracht
Blumen rot gelb blau weiß und purpur
Das Leben ist neu entfacht
Sanft wiegen Gräser im Frühlingswind
Es zirpt zwitschert um mich her
Sehnsucht nach Tiefsinn erwacht geschwind
Hohlheit die fürcht ich so sehr
Gedanken jagen nach seligem Glück
Bauen die Welt auf im Du
Das Herz zerrt kein Traum mehr tief zurück
Hoffnung die pocht immerzu
Rauschende Wasser singende Welt
Buntheit von Gott froh gemischt
Es ist als hätt mein Herz dies bestellt
Als wäre Alltag weggewischt
Doch reifen Gedanken aus dem Traum
Wirklichkeit ist nicht nur das
Alltag zwingt dich ganz anders zu schaun
Legt Hast und Geld übers Gras
Sehnen nach Liebe Frieden und Ruh
Verhungert auf trockenem Stein
Und irgendwann resignierst auch du
Sperrst deine Sehnsucht ein
Ihr Gedanken O ihr Gedanken
Ich frag mich wo ihr wohl seid
Zu oft setztet ihr mich in Schranken
Wars Herz zu allem bereit
So zeigtet ihr mir meine Grenzen
Wenn Natur wollte in mir erblühn
Wenn ich Haar wollte schmücken mit Kränzen
Wenn meine Rinde wollt blühen
Ein Gedanke ist mir geblieben
Der um dies Ziel ständig kreist
Nah an Unendlichkeit getrieben
Such ich nach Glück und Frieden
KLEINE SCHRITTE
Wundgelaufene Sohlen
von Siebenmeilenstiefel
Ferne Ziele in Armen
nebelgrauer Fata Morgana
Schweißperlen nie entlohnter
Anstrengungen
Bebende Nasenflügel
Flackernde Augen
Mahlende Kieferknochen
Lernen
wieder
kleine Schritte zu gehen
ILLUSIONEN AUS QUELLEN DER EINFÄLTIGKEIT
"Le temps arrète là ou perdu est perdu"
Im du
schmelzende Eiseswüsten
Frühlingsknospen
im Sonnentau
Die Zeit
anhalten wollen
Unter Regenbogenfarben
träumen
Gedanken in goldene
Endlosigkeit
gleiten lassen
Harmonieklänge
einfangen
festhalten wollen
Illusionen aus
Quellen der
Einfältigkeit
D E R K Ä M P F E R
Halte durch
so hallt der Ruf durch die
Gitter des Laufstalls
Bald wirst du weiter gehen dürfen
Halte durch
mahnt der Kindergärtnerin
Ruf im Kunstlichtgebäude
Wir werden die Zukunft ebnen
Halte durch
warnen die Zensuren im
Zeugniswald von Jahr zu Jahr
Durch uns wird dein Morgen gesichert
Halte durch
trommeln Stiefel auf kaltem
Beton und lügen Eintracht vor
Wollen schützen was längst verloren
Halte durch
flüstert der Liebe stilles Glück
malt leuchtend bunt ein Später
Und läßt ein Herz im Warten bluten
Halte durch
meint die Pflicht und verweist auf
die anderen die in Arbeit den
Grundstein hohlen Frohsinns legen
Halte durch
seufzst du ausgemergelt und
fern am trüben Horizont der
Spiegelt in der Glut alles Strebens
N U R S O E I N G E D A N K E ...
Kinderlachen gibt dir Antwort
Auf so vieler Leute Fragen;
Lenkt es dich auch von der Welt fort:
Kann es doch so Vieles sagen.
Nicht der Ernst, künstlich erschaffen,
Sondern Reinheit des Gefühls -
Nicht die Derbheit all der Laffen,
Nur Freiheit meint des Kinds Gespür.
So ist's nicht ein Stück Erkenntnis -
Fast scheint's wie ein Raunen nur!
Während Leistung weiter dich frißt,
Tickt sie stetig: deine Uhr ...
Auch das Kind wird dies erfahren!
Lachen macht dem Leben Platz:
Leistung wird das Kind erkennen
Und dabei sich selbst verbrennen ...
KREISEND FEUER
Im kreisenden Feuer
Getragen
Gebrannt
Erleuchtet
Im kreisenden Feuer
Unentrinnbar
Atmend
Lebend
Flamme Licht Mensch
K R E I S L Ä U F E
Herz setzt sich über Verstand
triumphiert
jubiliert
Verstand wühlt im Untergrund
räsonniert
intrigiert
Verstand bespricht wehrlos Herz
schleicht sich ein
gräbt sich fest
Herz ersetzt wieder Verstand
glaubt sich als
Lebenselexier
Vasallendienste
LEBENSKALEIDOSKOP
Gedanken
im freien Flug
Streifzüge
in
Vergangenheit
und Zukunft
Gegenwartsströme
Lebenskaleidoskop
L O C K R U F
Lockruf der Nachtigall
gilt fliehenden Herzen
Tanzfest des Sinnentraums
bricht Herzensmelodien
Spieltrieb in Dämmerung
nebelt Wahrheitssuche
Und Herz auf Wanderschaft
kennt nicht den Weg zurück
Lockruf der Nachtigall
perlt Eisblumen ins Meer
L I E B E S L E I D
Herzensdonner zugeschlagener Türen
verhallt im Raum,
füllt die Leere.
Dröhnen aufheulenden Motors
verebbt in der Ferne: gegangen,
geflohen im Streit.
Herzenswüste!
Stille zählt die Sandkörner,
weitet die Räume.
Am Boden liegt die Uhr noch:
zurückgelassen, vergessen;
tickt die Sekunden dahin -
scheint zu mahnen
zwei Törichte im Leben:
so als ob sie Zeit
für Jahrtausende hätten ...
L U X V E N E A T
Schweigen müssen -
doch tief innen brodelt ein Vulkan.
Reden wollen -
doch ringsum nur taube Ohren.
Lachen sollen -
doch Wehmut das Zepter schwingt.
Späße treiben -
gleich dem Clown gegen Beifall?
Wartelisten
zum Weg nach übermorgen!
Müde Augen
auf Lichtspiele gerichtet.
Lux veneat!
M A R G I T
Wind streicht über Halme,
Läßt sie wandern - sanft dahin.
Vögel schwirren freudig aufgeschreckt:
Nestflüchter, Lebenskünstler, Sendboten.
Hände fassen einander stumm.
Lippen ruhen im Glückskreis!
Bäume nicken rauschend
pochenden Herzen zu.
Der Augen und Seele Ja
ringt mit warnendem Verstande.
Schicksalsforderung oder
Laune des Augenblickes?
Du strahlst mir aus Bildern
jubilierender Natur!
M A U L K Ö R B E
Maulkörbe
an Statuen hängen.
Flaggen
schwarz malen.
Geistesmasken
hinwegfegen.
Maulkörbe
an die morschen Balken
bürgerlicher Ehrbarkeit,
satter Temperiertheit.
Weckrufe in Nester
schlummernder Gleichgültigkeit.
Tänze gegen die Furcht!
Kenntnisnahme durch
Sichtbarkeit erzwingen:
Maulkörbe!
M E N S C H , W E R D E !
Pendelnd
gleich dem Kandelaber
an der starken Kette
dem Mittelpunkt zu:
dem ruhenden Pol.
Pendelnd
durch ihn tauchend
vorbei zurück
ihn ahnend
ihn atmend
ihn bestreichend
kurz durchlebend
Pendelnd
magisch angezogen
vom Pol der Ruhe
doch auch weichend
pendelnd
Mensch werdend
MENSCH ZU SEIN ...
Zwischen Versandhauskatalog
und erträumter Unabhängigkeit,
marktschreierischer Innovation
und Beethovens Klavierkonzert,
lautem, entrücktem Getöse
und dem Ruf der Waldvögel.
versucht das Selbst den Weg
seiner Abgrenzung zu finden,
seine Sehnsucht zu stillen:
schlicht Mensch zu sein ...
M I T T E N
Heiterkeit:
tanzende Winde.
Sonnen
neongeboren,
Springflut
spült rein.
Karneval der
Vergänglichkeit!
IMPRESSIONEN AM MONT BORON / NIZZA
Die Sonne taucht die Gedanken
In milden Dunst.
Über den Dächern zittert der Hauch
Warmer, umgreifender Luft.
Majestätisch ineinander fließend, umgrenzen
Berge den Ruf der
Uferlosigkeit.
Das Meer spielt um rauhe und sanfte
Fundamente gelebten
Daseins.
Komm' mit, lockt es.
Scheint dir zu sagen,
Den Weg der Weite zu gehen.
Zerrt an dir mit dem
Angebot des Ungewissen.
Drängt und weist dich auf die
Straße der Möglichkeit.
Versuch es.
Versuch es!
Versuch es, raunt es.
Habe Mut.
Habe Mut!
M Ü N C H E N I M O K T O B E R
Auf der Brücke steh'n wir:
Ich halte den Arm um dich
gelegt wie in alten Zeiten.
Der Fluß schläft da unten,
umbettet vom wuchtigen
Bauwerk des Deutschen Museums.
Rechts ruhen sanft Büsche.
Bäume schützen sie wiegend.
Die Stadt singt ihr Lied geläutert.
Der Strahl teilt die Schwärzen:
spielt, tanzt, umgarnt den Turm,
verdeckt das Gestern mit Gleißen.
Mein Gemüt, das sich regt,
blinkt leicht verstohlen zurück:
empfindet im Jetzt ein stilles Glück.
(Isgard sei gegrüßt ...)
WARUM NICHT TRÄUMEN
Warum nicht träumen!
Nur weil Stille inmitten der Vielfalt?
Nur weil Schreie die Stille jagen?
Nur weil monotones Schlagen von Metall?
Nur weil hämmerndes Pochen von Uhren?
Nur weil Tuten die Leitungen sperrt?
Nur weil endlose Schritte die Wege glätten?
Darum nicht träumen?
NEBEL AUS VERSTEHEN
Die Sprache der Augen
Der Stimme Ausdruck
Verstehen
Herzen erfassen
Leben erfahren
Liebe erspüren
Spielende Fingerkuppen
Hautperlen im Hauch
Atem im Herzen
Worte aus dem Funkeln
Tanzender Augen
Sprache aus Hingabe
Geworfen
Gesogen
Das war es
Weiße Wolken im All
Vorbei
Verpufft
Das ist es
N U R S O G E D A C H T
Du spielst mit dem Regenschirm,
Der Sturm verbiegt die Spanten
Und dein Herz droht zu erstarren.
Nach tagelangem Dunkel,
Nach finsterster Nacht,
Bricht ein Sonnenstrahl hervor,
Gleißt über dein Gesicht:
Wärmend, auftauend, umarmend.
Das Leben zieht den Vorhang zu: Schwärze!
Und du, Mensch, in dein Hoffen gebettet,
Genießt diesen Augenblick: vorbei das Sehnen,
Vergessen das Entsagen, das Entbehren, die Qual.
Aus des Lebens Quelle sprudelt das Naß
Und tränkt den Staub, spült ihn hinweg:
Macht Platz für neuen Dreck, für Abfall ...
Zwischen zwei Welten spannt sich so der Bogen,
Der dich atmen läßt, hilflos ergeben dem
Unergründlichen.
N A H Z O N E N
Die Rose taucht aus dunklem Moos
Blickt fragend hin und her
Warum versteckte sie sich bloß
Hast mir gefehlt so sehr
Wir sahen uns fast jeden Tag
Kannten einander kaum
Wie blind ein Herz zu sein vermag
Schwärzt des Vestandes Raum
Glanz und Funkeln im Augenpaar
Lippen die beben stumm
Zwei Herzen pochen laut und klar
Fassen einander um
Hände wachsen leis entgegen
Ergreifen sich so fest
Haut wird unsere Sehnsucht hegen
Mit dir sich es leben läßt
Zwei Bäumchen standen in der Au
Hatten zu viel an Ruh
Wir sahen es, staunten, sagten: schau
Sie wachsen einander zu ...
O L I E B E
O Liebe, wundersam,
du bist da.
Funkeln in den Augen
spricht zu mir,
verscheucht Dunkelheit.
Hände greifen nach
endlosem Halt.
Versinken im anderen!
O Liebe, wundersam.
ÜBER DIE ORDNUNG
Ordnung ist gut - sagen sie und
ordnen Weinen und Lachen sanften Lebens
reglementieren Glück und Leidenschaften
mit aberwitzigen Bildern und Schall
Ordnung ist gut - sagen sie und
lehren dich Respekt vor sinnloser Achtung
weisend auf den Staub öder Nebenstrecken
voller hohler Fässer und wirrer Gischt
Ordnung ist gut - sagen sie und
geben dir Besen und Werkzeug des Ungeists
sperren das Denken in graue Spinde ein
bis dereinst du es von selbst unterläßt
Ordnung ist gut - sagen sie und
pferchen dich in Uniformen menschlichen Nichts
degradiert unter die Narben des Grases
entzogen den Augen müder Natur
Ordnung ist gut - sagen sie und
graben die Furche erlaubten Denkens
nachdenklich denkend suchst du die Spurweite
und schleifst dein Ich im Spalt des Dürfens
Ordnung ist gut - sagen sie und
scharren deinen Leichnam ihn huldvoll weihend
preisen dein Werk der angeblich so festen Mauern
auf denen Ordnung ruht wie kalter Stein
Ordnung ist gut - sagen sie und
fetzen das Grün vom Leib der Mutter Erde
blutend liegen deine Eingeweide offen
bis der Strang aus Asphalt den Schmerz erdrückt
Ordnung ist gut - sagt die Ordnung
und ordnet die Ordnenden in Ordnung
denn ohne Ordnung ist Ordnung leer und nichts
ein Torso - beraubt seiner Ordnung ...
P I A Z Z A L E M I C H E L A N G E L O
Die Sonne hat ihr Zelt über die
Stadt gespannt.
Schwerfällig, schmutziggrau sich fortwälzend,
Teilt der Arno das ferne
Rollen des Verkehrs.
Auf der Piazzale scheint das
Leben in buntem Treiben und beschaulicher
Eintracht zu fließen.
Wie ein Wächter behütet das Denkmal
Buonarottis all die Leute hier, die
Voneinander nichts oder nur wenig wissen.
Der Blick der erhabenen Statue
Spannt den Bogen hinüber zum
Dom und dem Palast der Medici:
Scheint Gelassenheit zu zeichnen,
Scheint Vergänglichkeit zu huldigen.
Und im Spiegel des mich umgebenden
Monumentalen kommt mir
Gegenwart in den Sinn,
Drängt sich mir die Zukunft auf ...
REH IM FRÜHJAHR
Schnee schmilzt dahin, er weicht dem Grün,
Das Reh möcht' aus dem Walde zieh'n:
Es dürstet ihm nach Feld und Flur,
Nach der Gespielin und Natur.
Es lugt hervor, setzt an zum Sprung -
Die Hoffnung hält das Rehlein jung.
Gar keck und dreist, vor Wildheit toll,
Vergißt das Reh, was es tun soll.
Verläßt den Wald, stürmt auf das Feld,
Könnt' umarmen die ganze Welt.
Vergißt den Winter und was war:
So stellt sich mir die Blindheit dar.
Mach 's Äuglein auf und schau umher:
Innenwelt die ist nicht mehr,
Die Außenwelt ganz anders ist -
Ein Narr, wer trunken dies vergißt!
Der Wolf bricht ein und frißt das Reh:
Drum paß stets auf, schau um und seh:
Die Welt ist nicht halb so viel Freund,
Wie 's innen dir manchmal erscheint.
REH IM WALD
Das scheue Reh im bunten Wald
bleibt steh'n und wittert
ihm wird kalt
Entschwunden ist der Sommerwind
es wird rauh dort wo
Rehe sind
Die Sonne zieht die kürz're Bahn
Strahlen sich verbergen
Eisig läßt sich's an
Ein Reh zieht sich tief ins Holz zurück
schließt die Augen - weint
träumt vom Glück
ÜBER DAS REISEN ZU ZWEIT
Reisen -
Ich will die Welt entdecken,
Den Zauber und Glanz der
Endlichkeit.
Will mich den
Wirren der Zeit stellen.
Reisen -
Die Welt soll ein Stück Wir sein:
Denn du bist für mich die Welt.
Dich will ich entdecken:
Deiner Seele frohe
Und traurige Töne entlocken.
Dein sein: in trunkener
Selbstbestimmung!
REIM AN ERZIEHER
Der Blicke Hoffen zieht die Stränge,
Drängt an Ufer der Glückseligkeit.
Das Herz will ruhen. Flieh doch Enge!
Spreng die Ketten! Zum Flug sei bereit
Auf ungewisse Lebenshänge.
Und pocht das Sehnen an die Herzen,
Gleichwohl im Geleit der Schwermut Hohn,
Dann leb sie durch, ertrag die Schmerzen.
Entflieh nicht der Locklieder Ton.
Es gilt zu kämpfen, nicht zu scherzen!
Dein Kinderzimmer malt die Spuren
Der Ohnmacht Zeiten. Jetzt gilt 's zu flieh'n
Hinaus in lebensfrohe Fluren,
Wo freie Menschen gemeinsam zieh'n.
O stell sie selbst nun: deine Uhren!
Und es ist müßig, viel zu fragen,
Wer kann wissen deines Weges Ziel!
Nun heißt's, dem Gestern zu entsagen,
Zu meiden Giftherzens Gaukelspiel,
Undankbarkeit dich anzuklagen.
RÜCKKEHR DER HOFFNUNG
Wenn du so dasitzt,
im Eck gekauert,
strickend -
Und der Wind
wacht ums Haus,
begleitend
Uhrenticken
innerer bis äußerer
Stunden -
Wenn du so dasitzt,
ein Lächeln im Gesicht,
strahlend,
Rückkehr der Hoffnung:
malt die Falten
atmend.
SCHÖNE STADT
Die Stadt, die Schöne,
der Regen rinnend auf Gesichtern:
Perlen der Seele tarnen sich
hinter dem: es regnet.
Dazwischen Sonne, Sonne, Sonne:
streichelnd des Lebens Hauch.
Stille und Geräusch verschmelzen
zu Musik: schöne Stadt.
S I L B E R F Ä D E N
Silberfäden
von Hoffnung zur Freude
Herbsttau
im Netz von Verstehen
Vogelschwingen aus
Traurigkeit
Getragen vom Sog der
Jahreswinde
Räderwerk im
Unendlichkeitsraunen
Rosenknospe ruhend auf
Moospolster
Waldgerüche
Wipfelgespräche
Verwehende Spuren von
Lebensfäden
S E E L E N A U F S T I E G
Katzenpfoten gleich
auf dem Teppich der Träume
Nebelstreifen durchdringen
Glühender Kuß aus Sonnenmund
Lebensquell ringsum
die Pupillen netzend
Geschützt in der Wärme
deines Fühlens
deines Denkens
Bestimmungen suchen
S E E L E N S I N N
Feinfühligere Ohren
still enteist
Weitersehende Augen
sanft enttrübt
Sinne schweben auf Federn
tief berauscht
Ruf aus unendlicher Welt
lockt das Herz
Frühlingsbrausen, Sommerwind
längst entflohen
Herbsttöne kündigen sich an
Sturm braust auf
Sinne lernen jetzt tanzen
schwerelos
kettenlos
Zeit letzter Entwurzelung
Freiheitshauch
Atem perlt an Sternenschein
weltraumkalt
Unsterblichkeit klopft ans Tor
Seelensinn
S A N T O R I N I
Kraterberge erklommen.
Drehpunkt der Welt.
Halbkreis der Blicke.
Verschlungen im Atoll
Tränen der Vergangenheit,
Freuden ferner Zeiten.
Verschollen in Fluten
ewiger Stürme.
Atlantis, Hort der Hoffnung,
für immer versunken.
Atlantis, bist du
je gewesen?
Stürme auf ehernen Gipfeln!
Abgründe.
Gipfelstürme.
Träumereien.
Sehnsüchte!
Umklammert von Resten
steinernen Lebens.
Ruhende Wasser inmitten!
Atlantis:
gesunken?
gewesen?
verschollen?
Doch: Atlantis!
S E E L E N J U B E L
Im Traum gebar der Strahl sein Licht,
Strich über kahles Feld.
Veränderte des Auges Sicht,
Liebkoste sanft die Welt.
Der Tag brach an, der Glanz blieb da,
Viel Buntes tauchte auf.
Das Glück, einst fern, schien jetzt so nah:
Es pulst' des Blutes Lauf.
Schau dort den Glanz, sieh hier den Tag!
Umarm die Heiterkeit!
O wie all dies, wie ich dich mag!
Drang zur Glückseligkeit.
In Jubelklang, in Herzensdrang,
Mischt sich der Seele Gischt.
Wo hör' ich auf, wo fang ich an,
Wenn 's Denken sich verwischt?
S P I E G E L B I L D
Am steinernen Tor über gurgelndem Bach
Steht verdrossen sinnend ein Fremder
Die Ufer sie scheinen zu eng bald zu weit
Im Wasser da spiegeln Gewänder
Von Leuten die sich stahlen fort in das Naß
Die sich bäumten in bebender Flut
Der Fremde ertappt sich tausendmal durchschaut
In seinem Herzen frißt sengende Glut
So ruht er verweilend es zittert sein Bild
Zerfetzt von nun tobenden Fluten
Sein Antlitz bald Fratze mal roh mal verspielt
Im Brausen verrinnen Minuten
Wenn nur eine Elfe aus glitzerndem Blau
Sich erhöbe mit lockendem Gruß
Er zerriß seinen Busen aus zeitlichem Grau
Und verschmölze in ewigem Kuß
SEELE AUF DEM TABLETT
Seele auf dem Tablett,
Sichtbar für jedermann,
Der sehen kann,
Der sehen will.
Seele auf dem Tablett,
Umfassend der Umwelt
Ganz stiller Glanz
Mit holdem Ton.
Seele auf dem Tablett:
Stimmend des Tages Gischt
In klingendem
Herzensgesang.
Seele auf dem Tablett,
Unsichtbar verborgen
Rohem Gleichklang,
Bereit zum Flug
In endlose Welten
Menschlicher Dimension,
Sucht Harmonie:
Seele, o Seele.
S T A D T S P A Z I E R G A N G
Ich lief ziellos durch die Straßen
der mir, ach, vertrauten, doch fremden Stadt.
Suchte nach irgendetwas, um meine
unruhige und bange Seele zu zähmen.
Fand auf der Flucht vor lockendem Konsum
William Blake's Lieder der Unschuld und Erfahrung.
Sie ergänzten meine Gedanken an dich:
Nun begann mein Herz zu frohlocken,
Nebelschwaden rissen auf,
und ich glaube, auch meine Augen leuchteten.
Wußte so, was es war, das mich vorwärts drängte -
Fand wieder einmal mehr: dich.
S E E L E N W A N D E R U N G
Stille liegt um den See
Der Birken Spiegelbild
ruht sanft im grünklaren Naß
Schwerelos gleiten Fische
gleich dem hungrigen Bohren
treibender Seele dahin
Halten inne im Augenblick
Senden Kreise im Verweilen
gebrochen erst in Unendlichkeit
Ruhe
Stille
Das Herz schlummert im Wendepunkt
des Augenblicks
Güldener Mantel der Vormittagssonne
Schritte
Wiegende Hüften
Tanzendes Haar
Fröhlichkeit in den Augen
Ein Zucken um die Mundwinkel
schickt die Ironie des Schicksals
Das Herz pocht
Vorbei gegangen
Die Fülle der Sehnsüchte
jagt hinterher
S P Ä T E U M K E H R
Collector, ein gar emsig Tier,
sammelt viel Gestein.
Gestein, das ist, was gilt viel hier,
hamster es nur ein.
Viel Gestein, das braucht viel Raum,
nimmt so manchem seinen Platz.
Doch das rührt Collector kaum,
dem Kies gilt seine Hatz.
So sitzt Collector wohlbedacht,
umgeben von neuem Gut:
in kurzer Zei so viel gemacht
durch Arbeit, Tugend, Mut.
Gestein schirmt jetzt Collector ab,
drückt wuchtig an ihn heran.
Da überkommt 's ihn öd' und fad':
was fang ich damit an?
Deshalb eh' sammeln du beginnst,
frag' erst, was gilt es dir:
ob du auch wirklich 'was gewinnst
statt Freiheit tötend Zier ...
STILLE IN ALLMACHT
Stille in Allmacht
Allmacht in Stille
Geborgen in der
Worte Ruf
Getragen in der
Ruhe Schweigen
Umwoben
Umfaßt
Ummantelt
Allmacht in Stille
STADTIMPRESSIONEN
Die Stadt in all ihrem
Schmutz und Elend,
In all ihrer Nichtigkeit,
Trägt nun gold'ne Gewänder.
Der Gedanke an dich
Läßt sie sonnentrunken glänzen.
Wie sinnfältig strahlt der
Turm, der Ewigkeit andeutet.
Asphalt glänzt und spiegelt
Buntheit und Frohsinn im Alltag!
Der Lärm des Verkehrs wird
Zur Melodie, zu wärmender Musik.
Überall leuchtet mir dein Gesicht entgegen,
Denn hier wohnst du, dein Name ist
Für mich auf dem Ortsschild eingraviert.
Wird das Häusermeer die
Funkelnden Sterne behalten?
Wird es Wogen der Hoffnung
Und Lebendigkeit umfließen?
Oder wird es müde und elend
Vergessenheit und Schatten,
Verwoben in dürre Fasern der Seele,
Treiben, zu Asche verfallen?
S T I L L E
Stille
tanzende Mücken
Stummheit
fliehende Halme
windgebeugt
sitzend
wartend
hoffend
auf ein Geräusch
doch:
Stille
TANZPARKETT DER EISVOGELSCHAR
Die Worthülsen
deiner Träume
treiben
schaumkronengleich
auf den Wogen
meiner Seele
Spielbälle der Winterwinde
Mosaiksteine
am Halsband der Zeit
Herbstblätterkränze
im Drehkreis des Alls
Tanzparkett der Eisvogelschar
Wetterleuchten
müder Hoffnung
winkend
äonenfern
aus den Schrunden
krümmender Welt
TANZFEST DER HOFFNUNG
Gold auf den Straßen
Der Himmel im Farbenmeer
Musik aus allen Ecken
Freude in den Gesichtern
Glück spielt die Schalmeien
Schleier über runder Welt
Wahnkrank - es wird getanzt:
Man wähnt sich auf dem
Tanzfest der Hoffnung.
GEDICHTEZYKLUS NACH MOTIVEN AUS
MIKE BATT`S "TAROT SUITE"
1.Teil: IMBECILE
Narrenaugen
auf der Straße
lachender Clowns
geblendet von
Unschuldigkeit
abschüssig
dem Spottruf
trügerischer Welt
entgegen
Zauberhände
auf der Netzhaut
staunender Menge
trickreich getäuscht
Wirklichkeitsschein
beliebig
dem Beifall
williger Blindheit
geöffnet
Zauberer
oder
Narr
zwei Seiten
der einen Medaille
aufeinander
verworfen
2.Teil: The World
Am Zenit des Osthimmels
Kreisend im Strom der Winde
auf gebreiteten Adlerflügeln
der Bestimmung entgegen
Entronnen dem Zerren
gurtender Niedertracht
In den Fängen
dem Unverständnis entrissene
Hoffnung
unzerstört und rein
festgehalten
verborgen im Herzen
Stumm im Morgengrauen
in freiem Atmen
aufgestiegen
unerreichbar den
groben Tönen
Gemeinsam den Hauch
unserer Herzen leben
3.Teil: The Hermit
Morgenfarben in
unendliche Straßen entwichen
Himmelstöne aus
Blau dem grauen Drohen geflohen
Leergetrunkender Becher der Schmerzen
Füße in prasselnden Regen gesetzt
Es ist die Zeit des manchmal
angebrochen
manchmal richtig
manchmal falsch
manchmal tränend
manchmal gebrechlich
Zeiten der Verwirrung
Gefühl falscher Richtung
Wenn Regen die Orientierung erschwert
Doch dahinter keimen
Regenbogenfarben
Hoffnungsschleier
4.Teil: Lady of the Dawn
Den Stern in
schlafenden Augen
geweckt
Schlummernde Seele
ins Morgenrot
des Lebens
gerufen
In den Fäden
sanfter Liebe
getragen
versunken im wir
Lebensinhalte
neu gesetzt
Schleier der Nacht
beiseite gezogen
Licht gleißt
in gesternliche Stille
Schlüssel zum
Verstehen
dreht sich
im Schloß
T R Ä U M E N
Träumen:
die Sonne in unsere Herzen.
die Quelle in unsere Adern.
die Sterne in unsere Augen.
Harmonie in unsere Ohren.
Träumen:
gemeinsame Wege zu bauen.
gemeinsame Äcker zu pflügen.
gemeinsame Lieder zu singen.
gemeinsame Leiden zu stillen.
Träumen,
unsere Hände zu verschränken,
unsere Seelen zu verweben.
Träume zur Wirklichkeit gestalten!
T R A U M T Ä N Z E
Es war Sehnsucht, die dich einst auf die
Suche drängte,
Tiefe, bohrende Sehnsucht.
Dein Herz machte den vagen Versuch,
Glück zu fassen,
Der Wirklichkeit zu entfliehen.
Ich ersehnte, die Unwirklichkeit
Zu entkleiden,
Auf festen Grund zu stellen.
Rostige Ketten erschienen mir
Brüchig zu sein,
Fürs Glück sich aufzusprengen.
Als uns Rost und Licht im Alltag dreist
Ergründeten,
Wie verwandelt grinsten sie!
Schienen Eisen und Schatten zu sein,
Unbezwingbar
Für still träumende Seelen.
T R O T Z D E M
Du sitzt
gegenüber:
so nah,
so fern.
Deine Worte
glockenhell:
so klar,
so fremd.
Dein Gesicht
wie früher:
sprachlos,
doch Reim.
Du sitzt
gegenüber:
marsfern.
Andromeda!
W I E D E R S E H E N
Dein stummer Blick von
jenseits der Straße
strahlt in den Schlummer
meines Herzens,
zieht an Ruhefasern
getauchter Träume,
weckt mich, ruft mich zu
Spaziergängen
in endlose Gefilde.
Sonnenstürme!
W I E S E N B E T T
Singen der Bäume,
Gestimmt vom rauschenden Wind,
Bettet mein Herz in Ruhe.
Raunen unendlicher Unendlichkeit
Klingt ans Ohr vom Rascheln
Sich wiegender Wiesenhalme:
Schließt mir die Augen
Zu sehen der Wirklichkeit Hohn.
Bin gebettet auf Wiesen!
Gesunken ins Herz der Natur.
W I R
Leben teilen im Wir,
Du und ich verschmelzen:
Sinnfindung!
Einfach lieben,
Dadurch:
Mensch werden.
W I L L K O M M E N
Es lüftet sich der Morgenschleier
Zu empfangen den ach so ungewissen Tag.
Wie von Zauberhand gestreichelt
Taucht aus den Schwaden die Sonne auf -
Und der Vögel verhalten Gezwitscher
Wird zum Kanon: wir heißen dich willkommen!
Ein fernes Brummen, ein Hämmern,
Das Schleifen des Schwungrads formen Monotonie:
Harmonie eines Vorgestern?
Zufrieden träumt der Bauer auf seinem Sitz,
fährt dem saftigen Gras gemächlich entgegen -
Ein Lächeln in seinen Zügen: es ist Tag.
Pfieft fern ein Zug? Bote der Hast,
Die den Alltag, einst so heilsam, mordet?
Oder schlicht Kunde einer Reise?
Eine Schlange von Blech quält sich zur Stadt.
Abgase umhüllen den Leidensgenossen
Auf daß er nie seine Pflicht vergesse!
Fern ist die Natur dem Gedränge,
Das sich wühlt in Straßenbahn, Omnibus, Fahrstuhl.
So stellt sich mir das Inferno dar!
Drängen, Komplimentieren, Kassieren,
Reden, Schweigen, Vergessen, Mißachtung, Rufmorden:
Der Mensch hat sich über die Natur gestellt.
Sanft streichelt die Sonne den Zenit,
Macht sich keine Müh, den Menschen zu erreichen:
Die Glut sollte genügen ...
Wie ein Rahmen aus Unendlichkeit
Sprengt sie die Dimensionen der Phantasie;
Dennoch vermag sie nicht die Zeit zu leugnen!
Schatten legen sich auf die Häuser,
Schleichen sich allzu oft in manches Herz.
Das Nichts gewinnt als Inhalt!
Leere vermengt sich mit Freuden:
Spart so atmendes Leben aus! Endlichkeit.
Und die Schatten werden schwerer: Einöden.
Nieder taucht die Sonne, verschwindet ...
Wie ein treuer, dummer Vasall erscheint der Mond:
Bleich, erschöpft vom vielen Wandern.
Noch immer presse ich mein Gesicht
Gegen kühles Glas; der Atem formt ein Feld.
Feld der Frage? Ich warte. Worauf eigentlich?
WINTERLICHE ÄNGSTE
Schneeflocken,
Regentropfen,
Nebelvorhänge,
Sonnenschein,
Scheuchende Winde:
Kaleidoskop der Wünsche -
Spiegel von tausend Ängsten.
Die Sprache meiner
Gedanken hält dich,
Umarmt dich.
Die Arme meiner
Unscheinbarkeit
Greifen nach dir.
Winterängste zerren an den
Fäden schmusender Seelen.
Starke Fäden?
Schwache Fäden?
Fragen schmerzt -
Reißt blutende Wunden.
O laß Morgen werden:
Frühlingsliebe
Aus Wintersaat,
Aus Herbstflimmern,
Aus Sonnenschein
gestärkt.
W I N T E R S T A R R E
Der goldene Strahl bestreicht sanft
die schillernde Natur
Taucht der Bäume Grün in
malerisches Bunt
Im vielstimmigen Gesang freier Natur
ziehen noch einmal Frühling und
Sommer vorüber
hörst und spürst du des Herzens
Hoffen und Pochen erneut
doch gleich den Schalmeien endlos
ferner Sphären
Herzensmelodie schwillt nun an
stakkatoartig gleich einem Orkan
Spielt dem Herbst zum Tanze
Stemmt den Rhythmus wilder Monotonie
in der Erde Herz
Wie die müden Stiefel gezwungener Krieger
Musik wird zum Ton schlichtes Geräusch
wird Lärm verebbt dann
in winterlicher Stille
In Eis gebettet findet man dein Sehnen wieder
Es schläft einen erstarrten Schlaf
Entronnen ist dein Selbst den Klauen
Dich zwingender Mächte
Hat sich winterlichem Frieden ergeben
WINTERWANDERUNG
Blick zurück
Spuren im Schnee
paarweise
gestapft von zwei müden Füßen
ansonsten
weißer Teppich
jungfräulich einsam
Blick voraus
Baumgerippe
Klapperndes Wiegen im Wind
Krähenflug
Schnarrendes Lied der Kälte
Aus dem Wegebrunnen
tropft das Blut
der Erinnerung
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******************************************
Kreta
Krakenhaftes Untier
Unwirtlich und abstoßend
Dies nur für den Narr
Spähend aus endlosen Höhen
Nur für den der gesetzt
Keinen Fuß in deinen Schoß
Laß mich saugen diesen
Boden aus Einzigartigkeit
Frühlingsblüten
Gewässersprudeln
Sommerglut
Herbstsandtreiben
Winterstürmereien
Laß ritzen meine Haut am
Mantel aus Fels und Stein
Dein Blut soll tränken die
Adern meiner Leblosigkeit
Deine Winde als Odem ewiger
Unbeugsamkeit tragen meine
Schritte über deinen Körper
Fruchtbarkeit als rinnendes
Lebenselixier aus Göttererbe
Krakenhaftes Untier
Verschlinge mein Herz und die
Seele in deinen grünen Schluchten
Laß tauchen und verweilen diese
Liebe ohne Anfang und Ende
Geliebtes felsiges Untier
(21. 12. 1996)
U R L A U B S G E S C H E N K
Zwei Flaschen bring' ich dir heut her:
Der Grund so klar wie's Mittelmeer.
Die Hälse schlank, aufragend, schön:
Man könnt' fast feiern Wiederseh'n.
Ein Räucherstäbchen duftet fein,
Der Rauch ist wie's Gemüt so rein.
'ne Kerz'zünd' an! Es flackert wild,
Ganz braun mit weiß erscheint dein Bild.
Die Worte waschen Seele rein.
Poren der Haut: sie sind daheim.
Viel' scheint so neu, viel' ist genehm,
Der Augenblick wird Zeit verweh'n.
Im Anfang scheint das End' schon mild,
Gleich Hunger, der die Sehnsucht stillt.
Zwei Flaschen waren's - arm so sehr!
Gleichwohl ganz voll: sind doch so leer ...
(16.10.1977)
Lebenswunsch
Schon auf allen meinen Wegen
Floh ich der Arbeit scheinbar Segen
Was andere versuchen
Möcht ich nur verfluchen
Niemals auf öden Wegen schleichen
Der Mühsal mutig auszuweichen
Das Jammertal gering nur halten
Dafür ein gut Stück Sinn gestalten
Ich wünsch mir nicht zu viel
Nur ein sinnvoll Ziel
Das erlaubt schlicht Mensch zu bleiben
Ein wenig Frohsinn aufzutreiben
Und Trompetenklang an müden Tagen
Der dann hilft mich aufzujagen
Und der Trägheit zu entfliehen
Längs der Berge Kamm zu ziehen
Und paar Menschen die mich lieben
Die mir geben stillen Frieden
Dann gäbs keinen Grund zu klagen
Keinen Anlaß zu verzagen
Steigen könnt ich steile Stufen
Bis mich dereinst die Sterne rufen
(25.09.1996)
Leuchtauge
Leuchtauge über Suppentellerrand
Schiefe Kopfhaltung vor glatter Wand
Unmerkliches Hautzittern in unbewegtem Raum
Endlosigkeitsmelodie aus warmen Mund
Gefangen von Zahnreihenschimmern
Worte füllen den Raum
Geben ihm Bedeutung
Schöpfen aus Tiefbrunnen
Spiegeln sich im Echo zu vieler knapper Zeit
Leuchtaugen über Hauptgerichtsplatten
Leuchtaugen über Nachtischgelüsten
Leuchtaugen über dampfendem Nachmittagskaffee
Leuchtaugen im Dämmerungsabschiedsgruß
Leuchtaugen im Treibsand rinnender Augenblicke
Zeit festhalten können als Wunschfeephantasie
Worte kreisen im Schein
Leuchten als Hirngespinste
Tanzen voll Himmelslust
Fangen sich im Felsspalt viel zu kleiner Welt
Wie schön es wäre zu greifen
Wie schön es wäre zu wissen
Genauso schön wie unnotwendig
Statt Gewissheit Reise durch Unbekanntes
Leuchtauge zum Schauen nah
(27.12.1996)
Rückblicke
Ein Leben in die Bilanz genommen
Jetzt da sein Ende still erklommen
Die Zeichen zu leugnen geht nicht mehr
Für nichts bleibt eine Wiederkehr
Gleichwohl sich in Dankbarkeit begnügen
Die Wahrheit schält sich aus den Lügen
Es fallen ein die schon längst gegangen
An denen die Seele zeitlebens gehangen
Buddy, Ritchie, Eddie in früher Jugendzeit
Harry und Elvis als Hoffnung schien weit
Für jene war alles viel kürzer bemessen
Doch niemals konnte ich sie vergessen
Diese Erinnerung verscheucht ein wenig das Zagen
Und läßt das Wissen ums Ende leichter ertragen
(21.11.1996)
Seelenausbruch
Schmelzen im Lockstrahl endlicher Sonnenglut
Den Lockruf fern der Einerleiwüsten spüren
Sinnloses Ringen um Spruchentsprechungen
Kraft des Ausbruchs gegen irdische Bindung fühlen
Das Lied des Frühlings - wieder einmal
Tanzgesänge legen Girlanden um Spiegelwiderschein
Die Melodie der Täuschung - wieder einmal
Dennoch loslassen und fliegen in Uferlosigkeit
Ohne Gedanken an Netze und doppelten Boden
Einfach Gedanken in Bodenlosigkeit bannen
Keine Grübeleien um Sinn oder Preis
Einfach fallen in Seelententakeln
Gefangen von flirrenden Gemütsfäden
Ausbreiten im Meer tosender Gischt
Tausend Bilder aus Regenbogenfarben
Augapfelorgasmen und Berührungsmelodien
Ins Du eintauchen und Tiefen spüren
(21.11.1996)
Seeleben
Spiegel frohweißer Wolkenhoffnungen
auf glatter Wasserfläche - blaugrün.
Leises Blätterrauschen ins Gemüt:
Birkenmelodie aus Endlosigkeitsgesängen.
Gefühl stillstehender Zeit.
Gleichwohl Greifbarkeit von Zielen:
Zukunft als Gestaltungsmöglichkeit.
Deinen Atem neben mir - Schlummermelodie.
Geruch von frühlingsreifem Naß,
Lockdüfte in Sommerlandschaften.
Das Gestern irgendwo geschwunden -
hinter endlose Himmelslandschaften.
Erneute Schritte zum See.
Vorsichtig, langsam, bedächtig, zögernd.
Der See unverändert - in Größe und Form.
Die Birken - größer, älter, gebeugter.
Und - müder in ihrem Lied.
Vor allem aber: keine Spiegelungen mehr.
Verborgenes Gewässer unter Blattgewirr.
Schlinggewächse Tentakeln gleich
tausendfach verflochten und gewendet
in Teppiche der Undurchdringlichkeit:
Keine Spiegelfläche für Traumbilder.
Leben in eingegrenzten Möglichkeiten.
Doch weiter lebt er - der See:
wieder sein ruhigendes eigenes Leben
in der Stille von Ausgewechseltheit.
thomas j. hardin (13.04.1997)
Signale
Signale, dumpf, unregelmäßig wechselnd.
Zunehmend ziehend oder stechend -
Ferne Regionen des Unterleibs rücken nah.
Zu nah für weitere Verdrängungen.
Zunehmende Wallungen an Gewißheit,
Trost durch verlockende Begegnungen:
Jimmy Morrison, Ritchie Valens,
Elvis Presley, Eddie Cochran -
Vor allem Buddy Holly und Kleist...
Ich stelle mir vor: Bildhaftigkeiten.
Biblische Verheißungsszenarien aus
Jugendjahren, dahingeflogen, fort.
Ich erinnere mich: das Glauben an
Ewigkeit und Wiedersehen, an die
Auferstehung, befreit und atmend.
Alternde Gedanken, still geprägt vom
Geist mannigfaltiger Erfahrung -
Aus Zuversicht leisen Zweifel gezeugt,
Verwandlungen in tausend Märchenbilder!
Kein Wort wahr aus klerikalen Mündern:
Herrschaftssicherung als Triebfeder.
Religion als Knüppel der Ekelpolitik.
Ende als Betätigungsfeld der Würmer -
Also keine Begegnungen, nur Ende...
(21.11.1996)
Täglich Abschied
Täglich Abschied nehmen -
Bewußt und ohne Lust auf Täuschung:
Von Dingen dereinst selbstverständlich,
Banal geworden in täglicher Begegnung,
Abgenutzt von der Gleichgültigkeit gegenüber Zeit.
Doch jetzt diese Wehmut bei ihrem Schauen!
Doch jetzt dieses Gefühl der Einzigartigkeit!
Doch jetzt dieses Wissen um Unwiederbringlichkeit!
Ausfluß jenes anfänglich dumpfen Drückens:
Tief innen, ganz unten, gut versteckt,
Verborgen hinter schalem Mantel aus Lust.
Ignoriert und üblicher Wehleidigkeit zugesprochen.
Dann zunehmende Ausstrahlungen in Höhlen und Gebein -
Symptome immer deutlicher, unleugbar,
Ungerufener Gast zur Unzeit: der Peitschenknall der
Krebsgeissel im Herzen dröhnt...
Zwang zu Lebensbilanz und Ausblick ins Nichts:
Hat es gereicht oder war es zu wenig?
Grübeln im reißenden Strom, in den
Strudeln nach - ja wohin denn?
Doch halt - es bleiben noch Augenblicke:
Täglich schauend, saugend Abschied nehmen.
(24.11.1996)
Im Wirtshaus
Wirtshausgerüche
Besteckeklappern
Gläserklirren
Murmelgespräche
Lachgewieherintervalle
Wortfetzendrangsale
Tellergeschrappe
Ventilatorengeächze
Radiounsinnigkeiten
Stühlegerücke
Ankommen
Fortgehen
Zeitkonsumierereien
Bedienungsgefloskel
Münzgeldklingeln
Zigarettenschwaden
Verdauungsenthemmungen
Alltagshektik
Kinderkreischen
Erwachsenenhysterien
Marketingkonzepte
Doch
Gegenüber
Lächeln
Aussperrung
Lästiger
Unruheherde
(27.12.1996)
Gespräche
Im Kerzenschein leuchtet der
Rand des Rotweinkelches.
Sozusagen ein Leuchtfeuer -
Funkeln als Traubengruß
Aus fernem Land hinein in die
Vorwinterwohnzimmeridylle.
Erinnerung an gemeinsame Wege:
Gebirge, Schluchten, Täler,
Rotweinabende am Meeresschaum.
Langsam fallen die Worte in
Abendlandschaft, gefangen in
Wänden ruhig wärmender Nähe.
Versuche des Lesens in Blicken:
Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft verschmelzen leise in
Ahnungen der Ungewißheit.
(21.11.1996)
Die Bucht
Sonnengleißend Wellenschaukeln
Wärme auf den Poren spürend
Fern dem fordernd Alltagsgaukeln
Die Sinne in die Ferne führend
Die Gedanken fliegen lassen
Mit Unmöglichkeiten spielen
Und dabei sie fast erfassen
Kaum gedacht es auch schon fühlen
Ein endlos blaues Himmelszelt
Behütet diese Märchenwelt
Plötzlich Steine auf den Wellen flitzen
Bewegt von unbekannten Händen
Zwei Augen in die Sonne blitzen
Als ob sie deren Strahlen bänden
Fort in die Bescheidenheit
Füße spielen sanft im Sand
Zeichnen wahrhaft Heiterkeit
Sie weckt mich aus des Traumes Land
(Pitsidia 18.04.1996)
Alltäglichkeit
Jeden Tag alltäglich nehmen
Alltäglichkeit als Dauerzustand
Unter stetig schleppenden Füßen
Träge fließender Morast aus
Kettenspänen von Knechtung
Wiederholungszwang der Wiederholung
Keine Staffage
Keine Kerzen
Keine Fanfaren
Keine Melodien
Nicht einmal Stille als Zäsur
Einfach gestern heute morgen
Ausfluß von Gleichgültigkeiten
Gelebten und toten
Breihafte Zeitbewältigungen
Unfähigkeit zu Brüchen
Aufgegebene Suche nach Stil
Absage an Besonderheiten
Starren als Überbrückungskitt
Schnitte zuschmieren einebnen
Tiefergraben die versteckten Wünsche
Jeder Tag als Retortenklon
Andere Form von Künstlichkeit
Also doch Stil und Gestaltung
Jeden Tag alltäglich nehmen
(22.10.1996)
Erinnerung
Es war einmal
Kerzen angezündet
Routinen begrenzt
Vielleicht ein Buch
Oder besondere Musik
Oft auch beides
Trinken und essen
Mit dem Gefühl von
Einmaligkeit
Träumen im Du
Tragende Nähe
Spaziergänge
Laubrascheln
Herbstluftsaugen
Nur ein Tag im Jahr
Jedoch einzigartig
Diese Fragmente
Alles erinnerbar
Wenngleich trübe
Ein Stück Geschichte
Lebensgeschichte
Augen heutiger Routinen
Suchen erinnernd
Von Jahr zu Jahr vager
Kaum mehr hoffend
Stumpf für Aufbruch
Ruhen resignativ im
Es war einmal
(22.10.1996)
Farbimpressionen
Weißgefrorenes Naß vor blaugoldenem Wintersonnengrund.
Blaugefrorene Lippen an dunkelheißem Tassenrand.
Wärmender Strahl fließender Innerlichkeit.
Die Hände zittern leicht. Suchende Augen.
Blicke nach Irgendwo. Ghirlandajos Abendmahl.
Hoffnungen nach Florenz und Umkehr.
Satt der tristen Grauheiten und Wiederholungen!
Forschen nach Regenbogeniris in endloser Nahheit.
Doch diese Sprachfarbvermengungen...
Kakophonie als Herausforderung, als Unausweichlichkeit.
Höhersteigen: über drückende Grenzen in Buntgewölbe.
Fündigwerden im Schmelztiegel.
Suche nach Gleichklang - Filteranstrengungen.
Glutrote Feuer für Seelengelüste,
Farben in Körperfasern fließen lassen:
Heftig und endlos, ohne Schranken!
Glutrotheit, Regenbogenreichtum.
Hinwegziehen in taumelnde Höhen,
Schweiß unendlicher Lust.
Tauchend taumeln in Tiefenkaleidoskope:
Willenlos sinken, Seele fliegen lassen.
Suche nach Heimat in der Grenzenlosigkeit:
Gipfel erklimmen in freudiger Buntzweisamkeitsstimmung.
Talfahrt durch weißstiebende Leichtigkeit.
Vorstellung an immerwährende Wiederholung.
Neue Farben am Firmament!
Andere Zeiten eingeleitet.
(23.10.1996)
Fliegende Zeit
Nach bald drei Wochen Sorglosigkeit
Zieht mich dein lachend Lockruf
an eueren südlichen Tisch
Zeigt daß es noch greifbare Wirklichkeit
überfließend zu leben gilt
Stunden gezählt durch leere Weinflaschen
Eilen dahin in erbarmungsloser Schnelle
Vor mir langer nächtlicher Heimweg
durch Unbekanntheit
Doch was soll es wenn Gespräche
wie Musik erklingen
Einfach einmal Zeit festhalten können
(Pitsidia 18.04.1996)
Geduld
Auf dem morgendlichen Plateau
Im Rundblick die Früchte verzehren
Auf die eine Begegnung warten
Bis Ungeduld vorzeitig abwärts drängt
Zu suchen - ergebnislos
Um nach Stunden dann zu erfahren
Daß der Geduld nur Minuten fehlten
Zu gemeinsamem Genuß in der Höhe
Doch geblieben ist das Wissen um Sinn
Des Wartens - wenigstens
(Pitsidia 18.04.1996)
Homo sapiens
Der ungebremste Raser:
drängelnd, schneidend, hirnlos.
Treibholz auf Asphaltrinnen,
frei jeglicher Zügelung:
allenfalls Bußgeldbremsen.
Gaststättenflair als Heimat:
brustend, mampfend, lärmend.
Gesprächsbeliebigkeit,
wichtig nur die Kulisse
der Abwesenheit des Schweigens.
Die sattsam bekannte Urlaubssau:
im oberflächlichen Vorwärtsdrang.
Alltagsverdrängungsakrobatiken,
verstecken die blassen Farben
tagtäglicher Unscheinbarkeit.
Anödendes Mediengesäusel:
seicht, selbstverliebt, lügend.
Schauspielinszenierungen,
jedoch ohne Geist und Kunst
im gemeinsamen Selbstbetrug.
Politikschweinereien als Mode:
Schielen nach Geltung und Geld.
Beliebige Austauschbarkeit,
wären da nicht Ekel und Abscheu
vor dem Gang durch dieses Lügenlabyrinth.
Erfolgloser Versuch des Abwendens,
ergebnisloses Wegschauenwollen.
Erkennen des Räderwerks,
menschliche Armseligkeit als
Selbstläufer fehlender Statur:
Sie alle wollen nur leben,
Minimalräume wahrnehmen.
Entrückt menschlicher Gestaltungslust,
amputiert frühkindlicher Gestaltungsfreude.
Letztendlich im Gesellschaftskorsett
aufgezwungener Impertinenzen
(30.10.1996)
Jahrestag
Geschenke entgegennehmen
Von Jahr zu Jahr weniger
Glückwünsche erfahren
Zunehmend spärlicher
In Form und Glanz
Den Weg deutlich spüren
Weil sichtbar
Weil nicht leugbar
Den Weg des Abschieds
In die Endlosigkeit
Des Nichts
Jahrestagwiederholungen
Als bedeutsame Stufen
Auf dem Weg abwärts
Oder ist es aufwärts
Unmöglichkeit des Feierns
Verschlossene Türen
Ausgesperrte Gefühle
Jahrestagwiederholungen als
Stempel für Bewußtwerdung
Einsamkeit entgegennehmen
(22.10.1996)
Nebelgeheimnisse
Noch müde Morgententakeln
In den wabernden Nebel
Verhüllter Möglichkeiten
Fließen lassen
Im Undurchdringlichen
Spurensuche betreiben
Stochern im Unbekannten
Fernen näher rücken
Vormittagssonnenstrahlen
Lösen grauweiße Wände
In unbedeutendes Nichts
Geben den Blick frei
Für Altbekanntes...
(07/10/96)
Neue Freiheit
Man legt Verbranntes tief ins Grab
Übergibt den Staub dem ewigen Schlaf
Es böllert zum Abschied militärisch Stab
All dies festgehalten von tänzelnd Fotograph
Denn nun ist endlich das Feld geräumt
Man ist am Ziel das dereinst erträumt
Es gibt kein Halten und kein Zögern mehr
Nun da er fort ist zum ewigen Heer
Es klappert Besteck und klingt das Glas
Ein lautes Gefeier und so viel Spaß
Die Trauerkönigin hält das Zepter umspannt
Macht alle mit allen recht fröhlich bekannt
Nach Kaffee bittet sie zu derbem Tanz
Lehnt sich im Schatten des Fotographen Glanz
Was soll denn zuviel an Traurigkeit
Ein Kadaver verbrannt längst vergangene Zeit
Hurrah es geht neue Wege entlang
Ab sofort fängt neues Leben an
(21.06.2096)
Oblomowerei
Antriebslos auf Betten liegen
Den Blick durch trübes Fensterglas
In unerreichbar scheinende Nähe gerichtet
Hausdächer eines gleich dem anderen
Bedeutungsloser Wechsel der Himmelsfarben
Sonne und Regen als Einerleimorast
Musik längst bedeutungslos verstummt
Nahrungsaufnahme als Magenberuhigung
Ruhen übriger Alltagsverrichtungen
Grautöne als Lieblingsfarben spüren
Aufsteigenden Rauch aus Kaminen verfolgen
Gedanken gleichsam verfließen lassen
Aufkommende Unschärfe vor den Pupillen
Zerrissenheit bis in tiefste Eingeweide
Antriebslos auf Betten liegen
Hymnen an Oblomowerei ausdenken
Müde gleichförmig vor sich hinsummend
(21. 12. 1997)
Panorama
Gestern noch nächtlicher Wogenschlag
Bebend monotone Wiederholungen
rauhen Fels zu glätten
Versäumnisse aus Gestrigkeiten
spielend wettzumachen
Heute nach endlosen Wegen über
griechische Berglandschaft
Mit ruhiger werdenden Schritten
den Blick nach Westen gefunden
Abendsonnestrahlen stehlen sich durch
graublaue Wolkenvorhänge
Gleißen aufs Meer und spiegeln Lockrufe
Malen gar das Felsungeheuer vor der Bucht
in friedlichen Schlummer
Leichtigkeit gleich streunenden Hirtenhunden
In ihrem zügellosem freudvoll Gespiele
aus warmer Regellosigkeit
Geborgenheit gleich dem stillen Möwenschlag
ziehend hoch am Himmelszelt
Doch schon wenige Zeitgesänge in nördlicher Stille
undurchdringlicher Vorhang aus Ferne
(Pitsidia 18.04.1996)
Rätsel
Gemeinsames Frühstück in beinaher Endlosigkeit
Plötzlich der kurze Gruß schneller Begegnung
Schnelle rote Flecken auf deinen Wangen
Unmerkliches Stocken im spätmorgendlichen Redefluß
Kaum greifbarer Moment schnell fliehender Verlegenheit
Kaum bestehend in der Zeit des Vorbeigehens
Der aufkeimende Drang lästigen Fragenwollens
Erzeugt Spannung mit der Wahrnehmungsfähigkeit
(Pitsidia 18.04.1996)
Schneeflocke
Klirrend kalt in Weiß geboren
Aus des Himmels Kraft verloren
Von den höchsten Höh´n gekommen
Fern aus Wolkenkraft entnommen
Tanzend auf Erdengrund gefallen
Von Kinderhand geformt zu Ballen
Der kurzen Freiheit schnell entrissen
Im Zorn oder Spaß umhergeschmissen
Kristallhaft nur ganz kurz im Sein
Als Wassertropf getaut so klein
(21. 12. 1996)
Seelenausbruch
Schmelzen im Lockstrahl endlicher Sonnenglut
Den Lockruf fern der Einerleiwüsten spüren
Sinnloses Ringen um Spruchentsprechungen
Kraft des Ausbruchs gegen irdische Bindung fühlen
Das Lied des Frühlings - wieder einmal
Tanzgesänge legen Girlanden um Spiegelwiderschein
Die Melodie der Täuschung - wieder einmal
Dennoch loslassen und fliegen in Uferlosigkeit
Ohne Gedanken an Netze und doppelten Boden
Einfach Gedanken in Bodenlosigkeit bannen
Keine Grübeleien um Sinn oder Preis
Einfach fallen in Seelententakeln
Gefangen von flirrenden Gemütsfäden
Ausbreiten im Meer tosender Gischt
Tausend Bilder aus Regenbogenfarben
Augapfelorgasmen und Berührungsmelodien
Ins Du eintauchen und Tiefen spüren
( 16.11.1996 )
Signale
Signale, dumpf, unregelmäßig wechselnd.
Zunehmend ziehend oder stechend -
Ferne Regionen des Unterleibs rücken nah.
Zu nah für weitere Verdrängungen.
Zunehmende Wallungen an Gewißheit,
Trost durch verlockende Begegnungen:
Jimmy Morrison, Ritchie Valens,
Elvis Presley, Eddie Cochran -
Vor allem Buddy Holly und Kleist...
Ich stelle mir vor: Bildhaftigkeiten.
Biblische Verheißungsszenarien aus
Jugendjahren, dahingeflogen, fort.
Ich erinnere mich: das Glauben an
Ewigkeit und Wiedersehen, an die
Auferstehung, befreit und atmend.
Alternde Gedanken, still geprägt vom
Geist mannigfaltiger Erfahrung -
Aus Zuversicht langsam Zweifel gezeugt,
Verwandlungen in tausend Märchenbilder!
Kein Wort wahr aus klerikalen Mündern:
Herrschaftssicherung als Triebfeder.
Religion als Knüppel der Ekelpolitik.
Ende als Betätigungsfeld der Würmer -
Also keine Begegnungen, nur Ende...
(19.11.1996)
Sturzfluten
Gespeist von frischem kalten Gebirgsquell
Stürzende Wasser in den Fluß des Erkennens
Streckenden Händen gleich
Pfade auf altvertrauten Bahnen weisend
Kühlendes Naß gegen Trockenheit dürrer Einbahnstraßen
Tanzt durch lachende Sonnenwärme
In die Eingeweide schlummernder Seele
Weckt und mahnt neue Wege an
Geboren aus längst Bekanntem
(24.06.1996)
Die Unterhaltsleiche
In all den Jahren da er rüstig
Intervallmäßiges Interesse an
Pünktlichkeit des Scheckeingangs
Dann geradezu tiefe fürsorgliche
Besorgtheitsexplosionen
Diese ständige Furcht vor dem
Ausbleiben als Dauerlast
Unverbindliche Sicherheit als
Abstinenz zu Gegenleistung
Väterliche Frechheit
Zur Selbstverständlichkeit geronnen
Irgendwann mit den Zeitläufen
Gleich dem Bahnenzug der Gestirne
Gedanken an Änderungen verflacht
Wenn überhaupt je gespürt
Nie das Leben in eigene Hände
Fürsorge als Selbstverständlichkeit
Lebensspenderei als Verpflichtung
Ohne Unterlaß und Entbindung
Keimzelle für Dauerhaß
Wutschnaubend nun am Grabesrand
Verdammt die Dreistigkeit
Desjenigen der zur Unzeit geschieden
Ehe er es auch nur vermocht hätte
Größeren Reichtum anzuhäufen
Für Fortsetzung gesicherten Lebens
So daß sich Trauerspiele
Wenigstens gelohnt hätten
(28.10.1996)
Valiumgesicht
Die scheuen Pupillen hinter schwärzenden Sonnengläsern
versteckt, der Welt letztendlich vorenthalten.
Zerfurchte Runen tief eingegrabenen Lebens begrenzen
Bahnen faltiger, aschfahler, backenknochiger Haut.
Langsames, bedächtiges Setzen der zittrigen, müden Füße:
einen Schritt vor den anderen - es eilt nicht mehr.
Geruhsame, zielstrebige Suche nach dem letzten Pfad: der
Wegweiser in die Unausweichlichkeit.
Wie weit doch der unmittelbare Lärm umgebender Hektik!
Hinter altehrwürdigen Prunkbauten Parkidyllen, Ruheoasen
mitten im Zentrum.
Veränderte Dimensionen rasch rinnender Zeit...
Fast bedeutungslos - dieses Schielen nach Gestern und Morgen.
Allenfalls das Heute: dieser allzu kurze Augenblick!
Eindrücke schauen, sammeln - mitteilen dem früh Verschwundenen,
wenngleich immer Nahgewesenen.
Soll Freude über diese späte Wiederbegegnung aufkommen?
Wo bleibt er denn - dieser Platz für Freude? Mitten im Fluß?
Wühlen im kargen Raum noch verbliebener Möglichkeit.
Unterhaltung plätschert ihren Gang ewiger Wiederholung: als
Hinweisrauschen versäumter Gelegenheiten.
Entgegen poltert jugendliche Schönheit als scheinbarer Kontrast,
jetzt schon darnieder und zerfressen von Zeit:
Schleudert dem Spiegel fortgeschrittenen Lebens Haß entgegen -
erbarmungslos, zerstörungslüstern, lauthals...
Die zertrümmernwollende Anklage: Dir hat wohl auch noch keiner
die Türe ausgehängt?
Geifernder Ausstoß angeblicher Zumutung: Du lebst immer noch,
dich hat immer noch keiner umgebracht?
Schrill, keifend, in Atemnot geratend.
Die Alte dagegen die Ruhe gesetzt; Wallungen von Mitleid. Nicht
mehr als ein "das arme Ding"...
Ausdruckslosigkeit des Gesichts, als wäre nichts geschehen.
Schlichtes Weiterschreiten in kontrollierter Langsamkeit!
Gut versteckt das Dröhnen und Fressen in den Magengewölben.
Was versteht dieser junge Ausbruch von jener Nähe?
Wer kann jetzt noch Berührungen schaffen?
Die Zeit taktet den Rhythmus der letzten Antwort, läßt keine
Auswege und Ausflüchte mehr zu.
Keine Möglichkeit mehr, sich selbst zu täuschen, keine dieser
Notwendigkeiten der Erinnerung.
Und - die immer stiller werdenden intervallartigen Schmerzen:
sorgsam durch Valium kontrolliert...
(23.10.1996)
Verständnis
Sanfte Musik in die Adern rinnen lassen
Absage an hektisch schrille Töne
Sich dem Beben leiser Erregung hingeben
Welt in ihrer Vielstimmigkeit erleben
Worte aus Alltäglichkeit bewußt wahrnehmen
In ihrem Ringen um Entsprechungen
Keine zeitstehlende Suche nach Sinnhaftigkeit
Im Sprachgewirr letztlich inhaltsleerer Metaphern
Spüren durch die Labyrinthhaftigkeit der Ausdrucksformen
Lauschen auf das filterlos Eindringende
Ohne voreilige Sinnentnahme und Festlegung
Verzerrungen vermeiden wollen
Das andere verstehen um selbst letzten Endes
Verstehen ohne Täuschung zu leben
(21. 12. 1996)
Wechsel
Gehend Ziele verfolgen
Irgendwann stehenbleiben
Irgendwo
Dann behutsam weiterschreiten
Oder auch unachtsam
Irgendwie
Auf Menschen zugehen
Vielfältigkeit erfahren
Anderssein
Sich selbst umdenken in Neues
Einsichten weit wegschieben
Tölpelhaft
Nicht Gekanntes erflehen
Möglichkeiten ausweichen
Verleugnung
Glauben Grenzen sprengen zu können
Als Fisch fliegen zu müssen
Selbstbetrug
Stattdessen gleich stetigem Wasserfall
Fließend Nähe annehmen
Beständigkeit leben
(21. 12. 1996)
Wehrhaft
Gegen Alltagsplag die Lust des Reimens
Im Wort sich einfach aufzulehnen
Aufrichtig ohne Spur von Grämen
Hinein den Geck ins Reich des Scheinens
Wider all die tumben Alleskönner
Die innere Kraft des Sehens setzen
Dabei Worte immer schärfer wetzen
Und demaskieren die hohlen Töner
Zuletzt der Sätze bissig sorgsam Klang
Hilft die öde Schar verjagen
So daß man muß sie nicht ertragen
Schafft Raum für stillen Müßiggang
(07/10/1996)
Zeit
Zeit mag rinnen -
In Ewigkeit hinein.
Zuweilen den Sinnen
Erinnerung holt ein:
Versuch zu erhalten,
Zu sperren, zu wehren.
Zu verweilen, zu spalten,
Den Augenblick zu zehren.
Das Gestern und Morgen
Im Jetzt zu verschmelzen,
Die Freuden und Sorgen
Ins Abseits zu wälzen;
Zu glauben an Welten
Aus endlosen Zeiten:
Sich selbst den Absprung
Zum Narren bereiten...
(24.06.1996)
Kreta
Krakenhaftes Untier
Unwirtlich und abstoßend
Dies nur für den Narr
Spähend aus endlosen Höhen
Nur für den der gesetzt
Keinen Fuß in deinen Schoß
Laß mich saugen diesen
Boden aus Einzigartigkeit
Frühlingsblüten
Gewässersprudeln
Sommerglut
Herbstsandtreiben
Winterstürmereien
Laß ritzen meine Haut am
Mantel aus Fels und Stein
Dein Blut soll tränken die
Adern meiner Leblosigkeit
Deine Winde als Odem ewiger
Unbeugsamkeit tragen meine
Schritte über deinen Körper
Fruchtbarkeit als rinnendes
Lebenselixier aus Göttererbe
Krakenhaftes Untier
Verschlinge mein Herz und die
Seele in deinen grünen Schluchten
Laß tauchen und verweilen diese
Liebe ohne Anfang und Ende
Geliebtes felsiges Untier
(21. 12. 1996)
Panorama
Gestern noch nächtlicher Wogenschlag
Bebend monotone Wiederholungen
rauhen Fels zu glätten
Versäumnisse aus Gestrigkeiten
spielend wettzumachen
Heute nach endlosen Wegen über
griechische Berglandschaft
Mit ruhiger werdenden Schritten
den Blick nach Westen gefunden
Abendsonnestrahlen stehlen sich durch
graublaue Wolkenvorhänge
Gleißen aufs Meer und spiegeln Lockrufe
Malen gar das Felsungeheuer vor der Bucht
in friedlichen Schlummer
Leichtigkeit gleich streunenden Hirtenhunden
In ihrem zügellosem freudvoll Gespiele
aus warmer Regellosigkeit
Geborgenheit gleich dem stillen Möwenschlag
ziehend hoch am Himmelszelt
Doch schon wenige Zeitgesänge in nördlicher Stille
undurchdringlicher Vorhang aus Ferne
(Pitsidia 18.04.1996)
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Fliegende Zeit
Nach bald drei Wochen Sorglosigkeit
Zieht mich dein lachend Lockruf
an eueren südlichen Tisch
Zeigt daß es noch greifbare Wirklichkeit
überfließend zu leben gilt
Stunden gezählt durch leere Weinflaschen
Eilen dahin in erbarmungsloser Schnelle
Vor mir langer nächtlicher Heimweg
durch Unbekanntheit
Doch was soll es wenn Gespräche
wie Musik erklingen
Einfach einmal Zeit festhalten können
(Pitsidia 18.04.1996)
Geduld
Auf dem morgendlichen Plateau
Im Rundblick die Früchte verzehren
Auf die eine Begegnung warten
Bis Ungeduld vorzeitig abwärts drängt
Zu suchen - ergebnislos
Um nach Stunden dann zu erfahren
Daß der Geduld nur Minuten fehlten
Zu gemeinsamem Genuß in der Höhe
Doch geblieben ist das Wissen um Sinn
Des Wartens - wenigstens
(Pitsidia 18.04.1996)
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Die Bucht
Sonnengleißend Wellenschaukeln
Wärme auf den Poren spürend
Fern dem fordernd Alltagsgaukeln
Die Sinne in die Ferne führend
Die Gedanken fliegen lassen
Mit Unmöglichkeiten spielen
Und dabei sie fast erfassen
Kaum gedacht es auch schon fühlen
Ein endlos blaues Himmelszelt
Behütet diese Märchenwelt
Plötzlich Steine auf den Wellen flitzen
Bewegt von unbekannten Händen
Zwei Augen in die Sonne blitzen
Als ob sie deren Strahlen bänden
Fort in die Bescheidenheit
Füße spielen sanft im Sand
Zeichnen wahrhaft Heiterkeit
Sie weckt mich aus des Traumes Land
(Pitsidia 18.04.1996)
Rätsel
Gemeinsames Frühstück in beinaher Endlosigkeit
Plötzlich der kurze Gruß schneller Begegnung
Schnelle rote Flecken auf deinen Wangen
Unmerkliches Stocken im spätmorgendlichen Redefluß
Kaum greifbarer Moment schnell fliehender Verlegenheit
Kaum bestehend in der Zeit des Vorbeigehens
Der aufkeimende Drang lästigen Fragenwollens
Erzeugt Spannung mit der Wahrnehmungsfähigkeit
(Pitsidia 18.04.1996)
|
Sturzfluten
Gespeist von frischem kalten Gebirgsquell
Stürzende Wasser in den Fluß des Erkennens
Streckenden Händen gleich
Pfade auf altvertrauten Bahnen weisend
Kühlendes Naß gegen Trockenheit dürrer Einbahnstraßen
Tanzt durch lachende Sonnenwärme
In die Eingeweide schlummernder Seele
Weckt und mahnt neue Wege an
Geboren aus längst Bekanntem
(24.06.1996)
W I R
Leben teilen im Wir,
Du und ich verschmelzen:
Sinnfindung!
Einfach lieben,
Dadurch:
Mensch werden.
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Gespräche
Im Kerzenschein leuchtet der
Rand des Rotweinkelches.
Sozusagen ein Leuchtfeuer -
Funkeln als Traubengruß
Aus fernem Land hinein in die
Vorwinterwohnzimmeridylle.
Erinnerung an gemeinsame Wege:
Gebirge, Schluchten, Täler,
Rotweinabende am Meeresschaum.
Langsam fallen die Worte in
Abendlandschaft, gefangen in
Wänden ruhig wärmender Nähe.
Versuche des Lesens in Blicken:
Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft verschmelzen leise in
Ahnungen der Ungewißheit.
(21.11.1996)
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